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Oberlandesgericht Hamm Urteil30.10.2015

Auslands­kranken­versicherung muss Flugkosten zur Notoperation übernehmenAuch möglicher ärztlicher Behand­lungs­fehler der Ärzte im Ausland stellt Leistungs­pflicht der Versicherung nicht in Frage

Ein Kranken­ver­si­cherer hat einer Versicherten ca. 21.500 Euro für den Rückflug von Portugal nach Deutschland zu erstatten, weil eine gebotene Notoperation der Versicherten in Portugal nicht gewährleistet war. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und bestätigte damit die erstin­sta­nzliche Entscheidung des Landgerichts Essen.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die 1971 in Portugal geborene Klägerin aus Gelsenkirchen unterhielt bei der beklagten Versi­che­rungs­ge­sell­schaft aus Berlin eine sogenannte Langfristige Auslandskrankenversicherung. Nach den Versi­che­rungs­be­din­gungen erstattet die Versicherung dem Versicherten die durch einen medizinisch notwendigen Rücktransport aus dem Ausland in die Bundesrepublik Deutschland entstandenen, den üblichen Fahrpreis übersteigenden Kosten.

Klägerin lässt sich nach Deutschland ins Krankenhaus fliegen

Als die Klägerin im August 2008 in einem Hotel in Portugal arbeitete, traten gesundheitliche Beein­träch­ti­gungen auf. Die behandelnden Ärzte diagnos­ti­zierten aufgrund erhöhter Werte von CRP (C-reaktive Proteinen) im Blut eine Infektion, die mit Antibiotika behandelt wurde. Auf eine erhebliche Verschlech­terung des Gesund­heits­zu­standes der Klägerin reagierten sie mit ihrer Verlegung in ein Hospital in Lissabon. Dort durchgeführte Untersuchungen ergaben einen weiter erhöhten CRP-Wert, Flüssig­keits­an­samm­lungen im Becken und Anzeichen einer Sepsis. Die Klägerin wurde stationär aufgenommen, ein dringend erforderlicher operativer Eingriff unterblieb. Am nächsten Morgen ließ sich die Klägerin nach Düsseldorf fliegen und von dort in eine Krefelder Klinik verbringen. In dieser wurde sie noch am Nachmittag desselben Tages notfallmäßig operiert. Aus ihrem Becken wurden ca. 2 l Eiter entfernt. Sie litt an einer schweren Bauch­fell­ent­zündung mit Sepsis, beginnendem Multi­o­r­gan­versagen und entgleisenden Blutsalzen und schwebte in akuter Lebensgefahr.

Versicherung verneint Notwendigkeit des Flugs nach Deutschland und verweigert Erstattung der Kosten

Für den außer­ge­wöhn­lichen Transport aus Lissabon zur Klinik nach Krefeld wandte die Klägerin - abzüglich üblicher Rücktrans­port­kosten - ca. 21.500 Euro auf, deren Erstattung die Beklagte verweigerte. Die Beklagte hielt den Rücktransport für medizinisch nicht notwendig, die Klägerin habe sich in Lissabon weiter medizinisch behandeln lassen können. Sofern in Lissabon eine medizinisch notwendige Behandlung aufgrund eines Behand­lungs­fehlers unterblieben wäre, sei sie, die Beklagte, hierfür nicht eintritts­pflichtig.

OLG: Rücktransport nach Deutschland war medizinisch notwendig

Die von der Klägerin gegen die Beklagte auf Erstattung der Transportkosten gerichtete Klage war erfolgreich. Das Oberlan­des­gericht Hamm entschied, dass der Rücktransport nach Deutschland medizinisch notwendig gewesen sei. Nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen sei es vertretbar gewesen, den Rücktransport am Morgen nach ihrer stationären Einlieferung in das Lissaboner Hospital zu veranlassen. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, dass die gebotene operative Behandlung der Klägerin im Hospital in Lissabon nicht gewährleistet gewesen sei. Ein dem zugrunde liegender möglicher ärztlicher Behandlungsfehler der dortigen Ärzte stelle die Leistungs­pflicht der Beklagten nicht in Frage. Weder der Wortlaut noch der Sinn und Zweck der Versi­che­rungs­be­din­gungen geböten ein anderes Verständnis. Aus Sicht des Versi­che­rungs­nehmers mache es keinen Unterschied, ob eine gebotene Behandlung im Ausland unterbleibe, weil sie dort nicht durchgeführt werden könne oder weil die dortigen Ärzte nicht willens seien, sie durchzuführen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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