Oberlandesgericht Hamm Hinweisbeschluss18.12.2015
Anspruch eines ehemaligen Berufssoldaten auf Berufsunfähigkeitsrente trotz befristeter Anstellung als wissenschaftlicher MitarbeiterZeitlich befristete Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter nicht vergleichbar mit Tätigkeit als Berufssoldat
Erhält ein ehemaliger Berufssoldat aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung eine Berufsunfähigkeitsrente, so verliert er diese nicht dadurch, dass er befristet als wissenschaftlicher Mitarbeiter angestellt wird. Denn die zeitlich befristete Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter ist nicht vergleichbar mit der Tätigkeit als Berufssoldat. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein ehemaliger Berufssoldat erhielt seit dem Jahr 2005 eine Berufsunfähigkeitsrente, da er anerkanntermaßen an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet. Nach dem Abschluss eines Germanistikstudiums im Jahr 2013 wurde der ehemalige Berufssoldat zeitlich befristet auf zwei Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter eingestellt. Die Versicherung nahm dies zum Anlass die Berufsunfähigkeitsrente zu streichen. Dagegen erhob der ehemalige Berufssoldat Klage.
Landgericht gab Klage statt
Das Landgericht Bochum gab der Klage auf Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente statt. Denn die Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter entspreche schon wegen ihrer Befristung auf zwei Jahre nicht der versicherten Lebensstellung des Klägers. Gegen diese Entscheidung legte die Beklagte Berufung ein.
Oberlandesgericht bejaht ebenfalls Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente
Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Berufung der Beklagten zurück. Dem Kläger habe ein Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente zugestanden. Die Berufsunfähigkeit sei nicht deshalb entfallen, weil der Kläger eine Tätigkeit ausübte, die seiner bisherigen Lebensstellung entsprochen habe.
Einkommen nicht allein maßgeblich für Vergleichbarkeit
Zwar habe der Kläger durch seine neue Tätigkeit ein vergleichbares Einkommen wie als Berufssoldat erhalten, so das Oberlandesgericht. Ein vergleichbares oder sogar höheres Einkommen allein sei aber nicht maßgeblich. Denn die Berufsunfähigkeitsversicherung diene nicht nur dazu den früheren wirtschaftlichen, sondern auch den früheren sozialen Status, zu sichern. Der soziale Status werde neben dem Einkommen maßgeblich auch vom gesellschaftlichen Ansehen der Tätigkeit sowie von den konkreten Bedingungen der Tätigkeit geprägt. Gemessen daran sei die zeitlich befristete Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter nicht vergleichbar mit der früheren Tätigkeit als Berufssoldat gewesen. Die Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter sei eine reine Hilfstätigkeit. Zudem bestehen keine beruflichen Weiterentwicklungs- oder Aufstiegschancen.
Kein Vorliegen eines nicht versicherten Arbeitsmarktrisikos
Soweit die Beklagte zutreffend darauf verwies, dass die Befristung dem Arbeitsmarktrisiko unterliegen könne und ein solches Risiko nicht versichert sei, hielt dies das Oberlandesgericht dennoch für unerheblich. Denn die Befristung habe hier nicht entscheidend auf das Arbeitsmarktrisiko beruht. Vielmehr werden wissenschaftliche Mitarbeiter an Universitäten und Fachhochschulen typischerweise nur vorübergehend beschäftigt. Mit einer solchen Tätigkeit, die von vornherein nicht auf die Übernahme in eine Festanstellung ausgerichtet sei, könne der Betroffene keine Lebensstellung erlangen, die der eines unbefristet in den Dienst übernommenen Berufssoldaten vergleichbar sei.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.06.2016
Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)