21.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Beschluss23.12.2015

Verfahrens­kosten­hilfe auch bei Eigentum an Dreifa­mi­li­enhaus möglichVersagung der Verfahrens­kosten­hilfe nur bei möglicher zeitnaher und zumutbarer Veräußerung oder Beleihung des Gebäudes zulässig

Gehört einer Partei ein Dreifa­mi­li­enhaus, ist Verfahrens­kosten­hilfe wegen dieses Vermögenswertes nur dann zu versagen, wenn die Partei das Haus zeitnah in zumutbarer Weise veräußern oder beleihen kann. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und änderte damit die erstin­sta­nzliche Entscheidung des Amtsgerichts Marl ab.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der 50 Jahre alte Antragsgegner aus Haltern begehrt Verfahrenskostenhilfe für die Rechts­ver­tei­digung in einem famili­en­ge­richt­lichen Verfahren. Er ist Eigentümer eines Dreifa­mi­li­en­hauses in Haltern, das er selbst bewohnt. Die beiden weiteren Wohnungen sind vermietet. Das Haus ist mit Verbind­lich­keiten in Höhe von ca. 100.000 Euro belastet. Der Antragsgegner lebt von monatlichen Mieteinnahmen in Höhe von ca. 1.000 Euro sowie geringen jährlichen Einkünften aus selbständiger Tätigkeit.

AG verweist auf Beleihung oder Verkauf des Hauses zur Finanzierung der Verfah­rens­kosten

Die vom Antragsgegner beantragte Verfah­rens­kos­tenhilfe hat das Amtsgericht Marl mit der Begründung abgelehnt, dass der Antragsgegner sein Immobi­li­en­vermögen zur Finanzierung der Verfah­rens­kosten einsetzen könne. Dieses sei kein Schonvermögen. Er könne das Haus verkaufen oder beleihen. Sein Wert überschreite die auf dem Haus lastenden Verbind­lich­keiten.

OLG bewilligt ratenfreie Verfah­rens­kos­tenhilfe

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die vom Amtsgericht versagte Verfah­rens­kos­tenhilfe war erfolgreich. Das Oberlan­des­gericht Hamm hat dem Antragsgegner ratenfreie Verfah­rens­kos­tenhilfe unter Hinweis darauf bewilligt, dass die Entscheidung abzuändern sein könne, wenn sich die persönlichen und wirtschaft­lichen Verhältnisse des Antragsgegners änderten.

Vermögen muss nur bei absoluter Zumutbarkeit zu Finanzierung der Verfah­rens­kosten eingesetzt werden

Eine Partei sei, so das Gericht, nur dann verpflichtet, Vermögen zu Finanzierung der Verfah­rens­kosten einzusetzen, soweit ihr dies möglich und zumutbar sei. Das gelte auch für Vermögen, das nicht als Schonvermögen zu behandeln sei. Wenn dieses erst später einsetzbar oder verwertbar werde, könne die Entscheidung über die Bewilligung von Verfah­rens­kos­tenhilfe dann abgeändert werden.

Verwertung des Dreifa­mi­li­en­hauses durch Verkauf der Immobilie gegenwärtig nicht zumutbar

Der Antragsgegner verfüge nicht über aktuell einsetzbares Vermögen. Sein Dreifa­mi­li­enhaus sei zwar kein Schonvermögen mehr. Jedoch komme seine umgehende Verwertung nicht in Betracht. Zum einen sei nicht zu erwarten, dass die noch als Miteigentümerin des Hauses eingetragene Ehefrau, Antragstellerin im anhängigen famili­en­ge­richt­lichen Verfahren, einer Veräußerung ohne weiteres zustimme, weil die mit der Scheidung zu klärenden güter­recht­lichen Fragen gerade erst geregelt worden seien und der Antragsgegner der Antragstellerin noch eine Ausgleichs­zahlung für die Übertragung des Mitei­gen­tums­anteils an dem Haus schulde. Zum anderen sei dem Antragsgegner gegenwärtig eine Verwertung des Dreifa­mi­li­en­hauses durch einen Verkauf der Immobilie nicht zumutbar. Mit einem Verkauf verliere der Antragsgegner seine aktuelle Lebensgrundlage. Wirtschaftlich sei er auf die Eigennutzung einer Wohnung in dem Haus sowie auf die Mieteinnahmen aus der Vermietung der beiden anderen Wohnungen angewiesen.

Auch Beleihung des Objekts derzeit unmöglich

Neben der Veräußerung scheide auch eine Beleihung des Objekts zum Zwecke der Darle­hens­aufnahme aus. Der Antragsgegner sei ausweislich seiner aktuellen Einkom­mens­ver­hältnisse nicht in der Lage, ein weiteres Darlehen aufzunehmen und die Darlehnsraten zurückzuzahlen. Nach seiner derzeitigen Situation bleibe daher im Rahmen des Verfah­rens­kos­ten­hil­fe­ver­fahrens allein die Möglichkeit, die Zahlung aus dem Vermögen des Antragsgegners für den Fall einer wesentlichen Verbesserung seiner wirtschaft­lichen Verhältnisse vorzubehalten.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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