Dokument-Nr. 17710
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Oberlandesgericht Hamm Beschluss10.09.2013
Rumänische Staatsangehörige darf nicht zum Zwecke der Strafvollstreckung nach Rumänien ausgeliefert werdenAuslieferung darf bei Verstoß gegen völkerrechtlich verbindliche Mindeststandards oder gegen unabdingbare verfassungsrechtliche Grundsätze versagt werden
Die von Rumänien beantragte Auslieferung einer 49 Jahre alten rumänischen Staatsbürgerin ist unzulässig, weil sie gegen den verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen würde. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm.
Die Verfolgte des zugrunde liegenden Verfahrens war im Jahre 2004 in Abwesenheit durch ein rumänisches Amtsgericht wegen in den Jahren 1999 und 2000 begangener Betrugstaten und unter Einbeziehung sechs früherer Verurteilungen verurteilt worden. Gegen sie wurde eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren neun Monaten verhängt, von der unter Anrechnung erlittener Untersuchungshaft, aus der sie zuletzt im Jahre 2003 entlassen worden war, noch drei Jahre sechs Monate zu vollstrecken sind.
Verfolgter erhebt Einwand gegen Auslieferungsantrag
Seit ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2010 lebt die Verfolgte mit ihrem Kind und ihrem Lebensgefährten in Bochum, wo die gelernte Schneiderin zuletzt als Reinigungskraft tätig war. Strafrechtlich ist sie in der Bundesrepublik bislang nicht in Erscheinung getreten. Gegen einen von Rumänien im Jahre 2010 gestellten Auslieferungsantrag hat die Verfolgte Einwände erhoben.
OLG Hamm erklärt beantragte Auslieferung für unzulässig
Das Oberlandesgericht Hamm hat die rumänischen Behörden mehrfach um Angaben zu den abgeurteilten Taten und dem zugrunde liegenden Strafverfahren, zu den Haftbedingungen in der Zeit der Untersuchungshaft und zu den heutigen Haftbedingungen gebeten, wobei die übermittelten Antworten der rumänischen Behörden einzelne Fragen offenließen. Nach Abschluss seiner Prüfungen hat das Oberlandesgericht Hamm – einem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Hamm folgend – die beantragte Auslieferung für unzulässig erklärt. Nach der geltenden Rechtslage sei eine Auslieferung aufgrund bestehender vertraglicher Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland und des Respekts vor fremden Rechtsordnungen (nur) dann unzulässig, wenn sie gegen völkerrechtlich verbindliche Mindeststandards oder gegen unabdingbare verfassungsrechtliche Grundsätze der deutschen öffentlichen Ordnung verstoße.
Auslieferung würde verfassungsrechtlichem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz widersprechen
Im vorliegenden Fall liege ein derartiger Verstoß vor, weil die Auslieferung der Verfolgten dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz widerspreche. Das ergebe sich aus den Gesamtumständen des Falles und insbesondere aus der bisherigen Sachbehandlung der rumänischen Behörden, nach der eine Klärung offener Fragen nicht absehbar sei. Die abgeurteilten Taten lägen nunmehr 12 bis 16 Jahre zurück, wozu auch das über zwei Jahre andauernde Auslieferungsverfahren beigetragen habe. Die ausgeurteilten Strafen seien zum Teil durch die erlittene rumänische Untersuchungshaft verbüßt. Durch diese Untersuchungshaft sei die Verfolgte nach ihren unwiderlegten Angaben zudem traumatisiert worden und leide noch heute unter den Folgen. Sie werde auch durch die Dauer des Auslieferungsverfahrens belastet. Zum jetzigen Zeitpunkt sei außerdem unklar, ob die Verfolgte bei den in die letzte Verurteilung einbezogenen früheren Verurteilungen ausreichendes rechtliches Gehör gehabt habe. Den von den rumänischen Behörden hierzu übersandten schriftlichen Gerichtsentscheidungen sei eine Verurteilung in Abwesenheit der Betroffenen zu entnehmen, wohingegen die rumänischen Gerichte ergänzend mitgeteilt hätten, dass die Verurteilte bei zwei Verurteilungen nach ordnungsgemäßer Ladung auch anwesend gewesen sei. Dieser Widerspruch sei bislang nicht erklärt worden. Zudem sei bei der letzten Verurteilung der Verfolgten eine frühere Verurteilung fehlerhaft mit einer zu hohen Strafe einbezogen worden, so dass die Gesamtstrafe fehlerhaft gebildet worden sei. Fragen zu den rumänischen Haftbedingungen und den Folgen der Untersuchungshaft für die Betroffene seien ebenfalls nicht ausreichend beantwortet worden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.02.2014
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online
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