18.10.2024
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Dokument-Nr. 15656

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Urteil29.02.2012Oberlandesgericht Hamburg5 U 10/10
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GRUR-RR 2013, 138Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rechtsprechungs-Report (GRUR-RR), Jahrgang: 2013, Seite: 138
  • MMR 2012, 83Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2012, Seite: 83
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanz:
  • Landgericht Hamburg, Urteil18.12.2009, 308 O 232/09
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Hamburg Urteil29.02.2012

Plagiat einer Webseite: Keine Urheberrechts­verletzung bei fehlender Individualität und "künstlerischer" Eigenleistung der WebseiteOberlan­des­gericht Hamburg wies Klage auf Unterlassung und Schadenersatz ab

Fehlt einer Webseite die notwendige Individualität bzw. enthält sie keine "künstlerische" Eigenleistung, so ist sie nicht urheber­rechtlich geschützt. Wird sie also kopiert, liegt keine Urheberrechts­verletzung vor. Ein Anspruch auf Unterlassung und Schadenersatz besteht dann nicht. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamburg hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein Informatiker, der Mobiliar für Veranstaltungen vermietete, wurde wegen einer angeblichen Urheberrechtsverletzung abgemahnt. Die Abmahnung erfolgte von einem Unternehmen, welches Inter­net­prä­senzen für Firmen und Privatleute erstellte. Hintergrund der Abmahnung war, dass die Webseite des Informatikers einer Internetseite entsprach, die das Unternehmen für einen Gastro­no­mie­betrieb erstellt hatte. Das Unternehmen behauptete, der Informatiker habe die Webseite mittels einer Software kopiert und somit plagiiert. Es sah darin eine Verletzung ihres Urheberrechts und klagte auf Unterlassung und Schadenersatz. Das Landgericht Hamburg wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Unternehmens.

Anspruch auf Unterlassung und Schadenersatz bestand nicht

Das Oberlan­des­gericht Hamburg entschied gegen das Unternehmen. Es habe keinen Anspruch auf Unterlassung und Schadenersatz zugestanden, da die von dem Unternehmen erstellte Webseite keinen Urheber­rechts­schutz genossen habe.

Kein Urheber­rechts­schutz aufgrund Schutzfähigkeit des Compu­ter­pro­gramms

Der Urheber­rechts­schutz habe sich nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts nicht aus der Schutzfähigkeit des Compu­ter­pro­gramms, mit dessen Hilfe die Webseite erstellt wurde, ergeben (§§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 69a UrhG). Denn das Unternehmen habe nichts dazu vorgetragen, dass das von ihr erstellte Programm als Compu­ter­programm schutzfähig gewesen sei. Es sei nicht ersichtlich gewesen, was ihr Compu­ter­programm ausgemacht habe oder inwieweit und wodurch es sich von anderen, bereits bekannten Compu­ter­pro­grammen unterschieden habe. Es genüge nicht darzulegen, dass keine einfache HTML-Programmierung verwendet wurde sowie dass für die Erstellung der Programmierung verschiedene Programme und unter­schiedliche Program­mier­sprachen benutzt wurden.

Kein Schutz des Websei­te­n­inhalts als Sprachwerk

Weiterhin sei der Webseiteninhalt nicht als Sprachwerk nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG schutzfähig gewesen, so das Oberlan­des­gericht. Im vorliegenden Fall habe es sich bei den sprachlichen Inhalten der Internetseite um eine Adressangabe, den Firmennamen und um Stichwörter für die Unterseiten gehandelt. Bei einer derart einfachen Anein­an­der­reihung von wenigen Begriffen könne keine Schutzfähigkeit im Hinblick auf die sprachliche Gestaltung angenommen werden.

Internetseite stellte kein schutzfähiges Kunstwerk dar

Nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts habe die Internetseite kein schutzfähiges Kunstwerk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG dargestellt. Denn dies hätte vorausgesetzt, dass die Webseite eine persönlich geistige Schöpfung von individueller Prägung darstelle. Der ästhetische Gehalt müsse einen Grad erreichen, dass von einer "künstlerischen" Leistung gesprochen werden könne. Dazu habe das Unternehmen jedoch nichts vorgetragen. Vielmehr habe die Webseite dem durch­schnitt­lichen handwerklichen Können eines Websei­ten­ge­stalters entsprochen. So sei der benutzte Schrifttyp eine Standa­rd­schriftart gewesen. Des Weiteren sei die Aufteilung in unterschiedlich farbige Bereiche (Grau/Weiß) bei vielen anderen Internetseiten zu finden gewesen. Ebenso habe es sich mit den integrierten Anfahrtsskizzen, Kalender und Fotos verhalten.

Keine Schutz­wür­digkeit wegen wissen­schaft­licher oder technischer Darstellungen

Das Gericht führte weiter aus, dass die Webseite ebenfalls nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG schutzwürdig gewesen sei. Denn sie habe keine wissen­schaft­lichen oder technischen Darstellungen enthalten. Die Vorschrift verlange zwar kein hohes Maß an eigen­schöp­fe­rischer Formgestaltung. Vielmehr genüge ein geringes Maß an Eigen­tüm­lichkeit und individuelle Prägung. Dennoch müsse eine individuelle, sich vom alltäglichen Schaffen abhebende Geiste­s­tä­tigkeit in dem darstel­le­rischen Gedanken zum Ausdruck kommen. Hier habe das Unternehmen hingegen nicht genügend zur Eigen­tüm­lichkeit vorgetragen.

Farbauswahl und Gestaltung der Webseite begründete keine Eigen­tüm­lichkeit

Dem Vortrag des Unternehmens konnte aus Sicht der Richter nicht entnommen werden, inwieweit das Layout der Webseite ein gewisses Maß an Eigen­tüm­lichkeit aufweise. So sei die Kombination der Farben Grau, Weiß und Rot und das breite rote Farbband im oberen Bereich der Webseite nicht unüblich für gewerbliche Seiten gewesen. Die Farbausauswahl habe daher nicht als so originell bezeichnet werden können, dass das Unternehmen diese mit Hilfe des Urheberschutzes für sich monopolisieren habe können. Es habe auch unter Berück­sich­tigung der weiteren Gestal­tungs­elemente auf der Internetseite keine Leistung vorgelegen, die über dem durch­schnitt­lichen handwerklichen Können eines Websei­ten­ge­stalters hinausgingen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamburg, ra-online (vt/rb)

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