21.11.2024
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil16.07.2019

Patientin hat nach Fixierung ohne richterliche Genehmigung Anspruch auf SchmerzensgeldFixierung einer Patientin stellt Eingriff in deren Grundrecht auf Freiheit der Person dar

Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass das Land Hessen einer Patientin wegen ihrer Fixierung und Zwangs­me­di­ka­tionen in einer psychiatrischen Klinik ohne richterliche Genehmigung ein Schmerzensgeld in Höhe von 12.000 Euro zahlen muss.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls begehrt im Zusammenhang mit ihrer Einweisung und Behandlung in einer psychiatrischen Abteilung eines Krankenhauses im Frankfurter Raum Schmerzensgeld vom beklagten Land Hessen. Nach einer Frühgeburt gestaltete sich ihre häusliche Situation schwierig. Ein Notruf des klägerischen Ehemanns führte 2014 zur Einweisung der Klägerin gegen ihren Willen in die psychiatrische Abteilung eines Krankenhauses. Dort befand sie sich gut zwei Wochen und wurde dabei teilweise fixiert und mit Medikamenten therapiert.

Klägerin verlangt Schmerzensgeld wegen Falsch­be­handlung

Das Amts- und das Landgericht hatten damals die vorläufige Unterbringung der Klägerin in einer geschlossenen Einrichtung für zulässig erklärt. Die Klägerin begehrte nunmehr vom Land Hessen ein angemessenes Schmerzensgeld wegen behaupteter Falsch­be­handlung in der Klinik sowie Ersatz der ihr entstandenen und noch entstehenden Schäden. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen.

OLG bejaht Rechts­wid­rigkeit der Fixierung

Auf die Berufung hin verurteilte das Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main das Land Hessen, ein Schmerzensgeld in Höhe von 12.000 Euro zu zahlen sowie der Klägerin sämtliche aus der Fixierung und Zwangs­me­di­ka­tionen entstandenen und noch entstehenden Schäden zu ersetzen. Das Oberlan­des­gericht verwies darauf, dass die Klägerin das Land Hessen zu Recht in Anspruch nehme, da die Unterbringung von psychisch Kranken zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in einem psychiatrischen Krankenhaus eine genuin staatliche Aufgabe sei. Die nachgewiesenen Fixierungen der Klägerin seien hier auch rechtswidrig gewesen. Die Fixierung einer Patientin stelle einen Eingriff in deren Grundrecht auf Freiheit der Person dar, so das Oberlan­des­gericht. Sowohl bei einer 5-Punkt- als auch bei einer 7-Punkt-Fixierung von nicht nur kurzfristiger Dauer handele es sich um eine Freiheits­ent­ziehung. Dies gelte auch, wenn - wie hier - im Rahmen der Unterbringung die Freiheit bereits entzogen wurde. Die Fixierung nehme der Betroffenen die noch verbliebene Freiheit, sich innerhalb der Station oder jedenfalls im Zimmer frei zu bewegen. Infolge der besonderen Eingriffs­qualität sei eine solche Fixierung nicht von der richterlichen Unter­brin­gungs­a­n­ordnung gedeckt.

Fixierungen hätte richterlicher Genehmigung bedurft

Für die Fixierungen hätte es demnach einer richterlichen Genehmigung bedurft. Diese fehlte, so dass die Fixierungen bereits aus diesem Grund rechtswidrig gewesen seien. Gleiches gelte für die Zwangsbehandlung der Klägerin. Die medizinische Behandlung einer Untergebrachten gegen ihren natürlichen Willen greife laut Gericht in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit ein. Dem Eingriff­s­cha­rakter stehe auch nicht entgegen, dass sie zum Zweck der Heilung vorgenommen werde. Auch die Zwangs­be­handlung sei durch die Unter­brin­gungs­a­n­ordnung selbst deshalb nicht gedeckt und damit rechtswidrig.

Fixierung ist nicht von Genehmigung der Unterbringung als solche abgedeckt

Ohne Erfolg berufe sich das beklagte Land auf fehlendes Verschulden. Bereits vor dem Urteil des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts vom 24. Juli 2018 habe es der herrschenden Meinung entsprochen, dass eine Fixierung nicht von der Genehmigung der Unterbringung als solche abgedeckt sei, sondern einer eigenständigen richterlichen Genehmigung bedürfe.

Höhe des Schmer­zens­geldes angemessen

Das Schmerzensgeld sei angesichts des Ausmaßes der konkreten Beein­träch­ti­gungen und der Funktion eines Schmer­zens­geldes mit 12.000 Euro angemessen, aber auch ausreichend bemessen.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main/ra-online (pm/kg)

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