18.10.2024
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Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 27740

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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss12.07.2019

Ehepartner hat nach Trennung auch ohne vorheriges Zusammenleben Anspruch auf Trennungs­un­terhaltAnspruch auf Trennungs­un­terhalt setzt weder Zusammenziehen und Zusammenleben noch Verflechtung wechselseitiger Leben­s­po­si­tionen voraus

Der Anspruch auf Trennungs­un­terhalt setzt weder voraus, dass die Beteiligten vor der Trennung zusammengezogen sind oder zusammen gelebt haben noch dass es zu einer Verflechtung der wechselseitigen Leben­s­po­si­tionen und zu einer inhaltlichen Verwirklichung der Lebens­ge­mein­schaft gekommen ist. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main und sprach mit dieser Begründung der getrennt lebenden Ehefrau Trennungs­un­terhalt zu.

Die Antragstellerin des zugrunde liegenden Verfahrens verlangte nach dem Scheitern ihrer Ehe Trennungsunterhalt. Sie heiratete den Antragsgegner im August 2017. Die Ehe war von den Eltern der Beteiligten, die einen indischen kulturellen Hintergrund haben, arrangiert worden. Zum Zeitpunkt der Heirat lebte die Antragstellerin im Haushalt ihrer Eltern in Deutschland und arbeitete bei einer Bank. Der Antragsgegner arbeitete in Paris als Wertpa­pier­händler. Nach der Eheschließung fanden an den Wochenenden regelmäßige gemeinsame Übernachtungen ohne sexuelle Kontakte statt. Es war geplant, dass die Antragsgegnerin sich nach Paris versetzen lässt und die Ehepartner dort gemeinsam leben. Die Eheleute verfügten nicht über ein gemeinsames Konto und verbrauchten ihre Einkünfte jeweils für sich selbst.

Ehefrau verlangt Trennungs­un­terhalt

Nach einer Aussprache im August 2018 trennten sich die Parteien. Das Schei­dungs­ver­fahren ist noch anhängig. Die Antragstellerin begehrte nun Trennungs­un­terhalt, da der Antragsgegner mehr verdient habe als sie. Sie hätten "ein ganz normales Eheleben" geführt.

OLG bejaht Anspruch auf Trennungs­un­terhalt

Das Amtsgericht wies den Antrag zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte vor dem Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main überwiegend Erfolg. Der Antragstellerin stehe Trennungs­un­terhalt zu. Der Anspruch auf Trennungs­un­terhalt setze weder voraus, dass die Beteiligten vor der Trennung zusammengezogen sind oder zusammengelebt haben noch dass es zu einer Verflechtung der wechselseitigen Leben­s­po­si­tionen und zu einer inhaltlichen Verwirkung der Lebens­ge­mein­schaft gekommen ist, betonte das Oberlan­des­gericht. Eine nur formell bestehende Ehe mit modifizierten bzw. verminderten als den gesetzlichen Rechten gebe es nicht. Der Unter­halts­an­spruch während bestehender Ehe setze auch nicht voraus, dass die Beteiligten sich eine Zeit lang wirtschaftlich aufeinander eingestellt hätten. Da der Unter­halts­an­spruch kraft Gesetzes nicht durch eine Vereinbarung beschränkt werden dürfe, könne er auch nicht durch ein Verhalten der Beteiligten für die Zukunft eingeschränkt werden.

Verwir­kungsgrund der kurzen Ehedauer für Anspruch auf Trennungs­un­terhalt nicht gültig

Der Anspruch sei auch nicht verwirkt. Der Verwir­kungsgrund der kurzen Ehedauer gelte für den Anspruch auf Trennungs­un­terhalt nicht. Darüber hinaus liege hier auch keine nur kurze Ehedauer vor, da die Ehe bis zur Scheidung fortdauere. Dass die Eheleute vereinbart hätten, nach der Eheschließung keine eheliche Lebens­ge­mein­schaft aufzunehmen, so dass aus diesen Gründen Verwirkung im Raum stehe, könne hier ebenfalls nicht festgestellt werden. Die Parteien hätten vielmehr geplant, dass die Antragstellerin sich nach Paris versetzen lässt, um ein gemeinsames Leben zu führen.

Erläuterungen:

Erläuterungen

§ 1361 Unterhalt bei Getrenntleben

(1) 1 Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebens­ver­hält­nissen und den Erwerbs- und Vermö­gens­ver­hält­nissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen; für Aufwendungen infolge eines Körper- oder Gesund­heits­schadens gilt § BGB § 1610a. 2 Ist zwischen den getrennt lebenden Ehegatten ein Schei­dungs­ver­fahren rechtshängig, so gehören zum Unterhalt vom Eintritt der Rechts­hän­gigkeit an auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwer­bs­fä­higkeit.

(2) [...]

(3) Die Vorschrift des § BGB § 1579 Nr. 2 bis 8 über die Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit ist entsprechend anzuwenden.

(4) [...]

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main/ra-online (pm/kg)

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