21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 15115

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Beschluss25.01.2013Oberlandesgericht Frankfurt am Main3 U 169/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2013, 592Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 592
  • NJW-RR 2013, 973Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2013, Seite: 973
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Vorinstanz:
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil11.05.2012, 2-10 O 434/11
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss25.01.2013

Fahrstuhl­be­treiber haftet nicht für Unfall einer Benutzerin bei technischen StörungenTechnische Störungen stellten keine Verkehrs­si­cherungs­pflicht­ver­letzung des Betreibers dar, sofern sie in angemessener Zeit beseitigt werden

Der Betreiber einer älteren Fahrstuhlanlage hat grundsätzlich keine Verpflichtung, diese mit modernen Warnsystemen gegen Fehlfunktionen nachzurüsten. Verletzt sich ein Fahrstuhl­be­nutzer aufgrund technischer Störungen beispielsweise, weil der Fahrstuhl deutlich oberhalb des Bodenniveaus anhält, haftet der Fahrstuhl­be­treiber nicht für den Unfall. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main.

Im zugrunde liegenden Fall klagte eine ältere Dame, die beim Verlassen eines 1989 errichteten Fahrstuhls in einem von der Beklagten betriebenen Parkhaus gestürzt war. Zu dem Unfall war es gekommen, weil die Kabine, in der sich die Klägerin befand, ca. 40 cm oberhalb des Bodenniveaus anhielt, sich die Türen aber schon geöffnet hatten. Die Klägerin zog sich durch den Sturz erhebliche Verletzungen zu. Die Beklagte hatte ein Spezi­al­un­ter­nehmen mit der ständigen Wartung der Aufzugsanlage beauftragt. Die letzte Wartung hatte zwei Tage vor dem Unfall stattgefunden.

Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld abgewiesen

Das Landgericht hat die auf Zahlung eines Schmer­zens­geldes gerichtete Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin wies das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main nunmehr zurück.

Gericht verneint Verletzung der Verkehrs­si­che­rungs­pflicht

Zur Begründung führt das Gericht aus, dass aus dem Umstand, dass es bei der Kabine am Unfalltag zu einer einmaligen Halteun­ge­nau­igkeit gekommen sei, nicht auf eine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht­ver­letzung der Beklagten geschlossen werden könne. Es müsse davon ausgegangen werden, dass eine technische Störung vorgelegen habe, die trotz regelmäßiger Wartung und Kontrolle zufällig aufgetreten sei. Solche technischen Störungen seien unvermeidbar und stellten für sich genommen keine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht­ver­letzung des Betreibers dar, wenn er die Störung in angemessener Zeit beseitigen lasse. Es sei auch nicht feststellbar, dass die Störung bereits häufiger aufgetreten sei und es die Beklagte unterlassen habe, das ihr Mögliche zu veranlassen, um eine etwa vorliegende Störan­fäl­ligkeit zu beseitigen.

Aufzug muss nicht mit modernen Warnvor­rich­tungen ausgestattet sein

Die Beklagte sei im Rahmen ihrer Verkehrs­si­che­rungs­pflicht auch nicht verpflichtet gewesen, den Aufzug mit modernen Warnvor­rich­tungen auszustatten und dem neueren technischen Standard anzupassen, solange der Fahrstuhl noch den technischen Anforderungen des Errich­tungs­zeit­punkts entsprach und - nach neueren Vorschriften - nicht nachgerüstet oder stillgelegt werden musste. Die Verkehrs­si­cherheit fordere nur, dass die nach den technischen Möglichkeiten erreichbare Sicherheit geboten werde, wobei auf den Zeitpunkt des Einbaus der Anlage abzustellen sei. Dies gelte selbst dann, wenn sich die Sicher­heits­be­stim­mungen für neu zu errichtende ähnliche Anlagen verschärft hätten. Wollte man aus der Verkehrs­si­che­rungs­pflicht ableiten, dass stets der neueste Sicher­heits­s­tandard geboten werden müsse, hätte dies die unbillige Folge, dass der Betreiber einer technischen Einrichtung seine Anlage ständig erneuern müsse, ohne dass sich seine kosten­in­tensiven Investitionen amortisieren könnten. Bei einer älteren Aufzugsanlage müsse deshalb in der Regel nur diejenige Verkehrs­si­cherheit geboten werden, die bei Ausnutzung der vorhandenen technischen Einrichtung in einwandfrei funkti­o­nie­rendem Zustand geboten werden könne.

Unfal­lur­sächliche Störung war für jedermann deutlich erkennbar

Die Beklagte sei schließlich auch nicht verpflichtet gewesen - etwa durch ein Hinweisschild - auf mögliche altersbedingte Halteun­ge­nau­ig­keiten der Aufzugsanlage oder das Fehlen von modernen Warnvor­rich­tungen für den Fall einer technischen Störung hinzuweisen. Ein solches Vorgehen wäre nur dann erforderlich, wenn die Störung öfter auftreten würde, was hier nicht der Fall gewesen sei. Darüber hinaus sei die unfal­lur­sächliche Störung für jedermann erkennbar gewesen, denn beim Anhalten eines Fahrstuhls müsse nach wie vor von jedem Benutzer erwartet werden, dass er darauf achte, ob die Kabine korrekt - insbesondere also bündig mit dem Bodenniveau - angehalten habe. Die von der Klägerin verlangten technischen Warnmechanismen (optische oder akustische Warnsignale; Geschlossen-Bleiben der Türen) seien in Anbetracht der vielen weiter­be­triebenen älteren Aufzugsanlagen auch aktuell noch nicht so verbreitet, dass sich der Benutzer blind auf das korrekte Funktionieren der Technik verlassen könne.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main/ra-online

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