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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss23.03.2010

OLG Frankfurt: Ingewahr­samnahme von Umwelt­ak­ti­vistin rechtswidrigFreiheits­en­ziehung weder zum Schutz für Leib und Leben noch aus präventiven Maßnahmen erforderlich

Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass die Ingewahr­samnahme einer Umwelt­ak­ti­vistin im Juli 2009 rechtswidrig war, da Personen nur dann in Gewahrsam genommen werden können, wenn dies zum Schutz für Leib und Leben erforderlich sei oder eine Ingewahr­samnahme zur präventiven Verhinderung der Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder Ordnungs­wid­rigkeit mit erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit in Betracht komme. Dies war in keiner Hinsicht der Fall.

Im zugrunde liegenden Fall fand im Juli 2009 vor dem Landgericht Gießen eine Straf­ver­handlung wegen der Zerstörung eines Gen-Gerstenfeldes im Jahr 2006 statt. Nach Verhand­lungs­schluss kletterte die zum Sympa­thie­san­tenkreis des Angeklagten gehörende betroffene Umwelt­ak­ti­vistin an der Fassade des Landge­richts­ge­bäudes hoch und malte die Worte "Gentech Weg! Gentech Weg, Ätsch!" an die Wand. Nach Aufforderung durch die Polizei klettere die Betroffene gegen 19 Uhr wieder herab und wurde "zur Verhinderung weiterer politisch motivierter Aktionen" festgenommen. Gegen 21 Uhr ordnete das zuständige Amtsgericht auf Antrag der Polizei ohne Anhörung der Betroffenen ihre Ingewahrsamnahme bis zum anderen Morgen um 6 Uhr an. Hiergegen wandte sich die Betroffene mit der Beschwerde.

OLG: 9-stündige Ingewahr­samnahme war rechtswidrig

Nachdem bereits das zunächst zuständige Landgericht die Rechts­wid­rigkeit der Freiheits­ent­ziehung festgestellt hatte, befand nunmehr auch das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main, dass die etwa 9-stündige Ingewahr­samnahme der Betroffenen rechtswidrig gewesen sei. Nach § 32 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) könne eine Person nur dann in Gewahrsam genommen werden, wenn dies zum Schutz für Leib und Leben erforderlich sei und sich die Person in einem die freie Willens­be­stimmung ausschließenden Zustand oder in hilfloser Lage befinde. Darüber hinaus käme die Ingewahr­samnahme zur präventiven Verhinderung der Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder Ordnungs­wid­rigkeit mit erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit in Betracht. Diese Voraussetzungen hätten bei der Betroffenen nicht vorgelegen, führt das Oberlan­des­gericht aus. Die offensichtlich auf Demonstration angelegte Aktion sei jedenfalls mit dem Herabsteigen der Betroffenen von dem Gebäude beendet gewesen. Dass sie das Gebäude nochmals besteigen und sich dadurch in Gefahr bringen würde, sei eine durch nichts gestützte Annahme. Soweit die Polizei das Eingreifen auf die Vermeidung von Sachbe­schä­di­gungen am Landge­richts­gebäude gestützt habe, reiche dies nicht aus, nachdem nicht einmal klar sei, ob das Anbringen der Parole mit Kreide überhaupt zu einem Schaden geführt habe.

Quelle: ra-online, OLG Frankfurt

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