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Dokument-Nr. 35335

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Urteil08.05.2025Oberlandesgericht Frankfurt am Main16 U 11/23
Vorinstanz:
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil16.12.2022, 2-03 O 60/22
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil08.05.2025

Name von Richterin darf im Buch "Rechte Richter" genannt werdenÖffentliches Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse an der namentlichen Nennung von Personen, die als Organ der Rechtspflege an einem Gerichts­ver­fahren mitwirken

Die volle Namensnennung einer Richterin in einem Buch im Zusammenhang mit einem von ihr geleiteten Strafverfahren ist zulässig. Die Informations- und Kontroll­funktion der Presse begründet ein öffentliches Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse an der namentlichen Nennung von Personen, die in amtlicher Funktion oder als Organ der Rechtspflege an einem Gerichts­ver­fahren mitwirken. Ob der (vollständig) Name genannt wird, können Medienvertreter allein nach publizistischen Interessen entscheiden, entschied das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG).

Die Klägerin ist Richterin. Die Beklagte hat ein Buch mit dem Titel „Rechte Richter“ verlegt. Darin wird an einer Stelle unter bestimmten Überschriften im Zusammenhang mit der Darstellung eines Strafverfahrens, das die Klägerin als Vorsitzende der Strafkammer geleitet hatte, unter Nennung ihres vollständigen Namens eine Äußerung aus der mündlichen Urteils­be­gründung wiedergegeben. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung des Buchvertriebs mit ihrer vollen Namensnennung in Anspruch.

LG und OLG weisen die Klage der Richterin ab

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte auch vor dem zuständigen 16. Zivilsenat des OLG (Pressesenat) keinen Erfolg. Die Klägerin habe nach Abwägung der auf beiden Seiten involvierten Interessen keinen Anspruch, dass das Buch ohne Nennung ihres Namens in den Verkehr gebracht werde, bestätigte das OLG.

Meinungs­freiheit und Wahrnehmung des Infor­ma­ti­o­ns­in­teresses der Öffentlichkeit

Die Namensnennung der Klägerin, deren Verfah­rens­führung zudem als kritikwürdig beschrieben werde, sei zwar geeignet, sie in ihrem beruflichen und persönlichen Ansehen zu beeinträchtigen. Dem stehe jedoch das überwiegende Interesse der Beklagten auf Meinungs­freiheit und der Wahrnehmung des Infor­ma­ti­o­ns­in­teresses der Öffentlichkeit an der Berich­t­er­stattung gegenüber. Grundsätzlich bestehe wegen der Informations- und Kontroll­funktion der Presse ein öffentliches Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse an der namentlichen Nennung von Personen, die in amtlicher Funktion oder als Organ der Rechtspflege an einem Gerichts­ver­fahren mitwirken. Die Infor­ma­ti­o­ns­funktion der Presse erschöpfe sich nicht in der Berich­t­er­stattung zu sachlichen Verfah­rens­in­halten.

Öffent­lich­keits­grundsatz von Gerichts­ver­hand­lungen beinhaltet die Möglichkeit des Bekanntwerdens der Richternamen

Der mit Verfassungsrang versehene Öffentlichkeitsgrundsatz von Gerichts­ver­hand­lungen beinhalte die Möglichkeit des (presse)öffentlichen Bekanntwerdens der Namen der mitwirkenden Personen. Dies sei von der Verfassung nicht bloß „hingenommen“ worden, sondern „entspreche der normativen Stoßrichtung“, führte der Senat unter Verweis auf Rechtsprechung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts weiter aus. „Die Öffentlichkeit der Verhandlung soll unter anderem auch die Möglichkeit eröffnen, personelle Zurech­nungs­zu­sam­menhänge deutlich zu machen und so persönliche Verant­wort­lich­keiten zu markieren“, ergänzte der Senat.

Für die Namensnennung einer in amtlicher Funktion an einem in der Öffentlichkeit stehenden Strafverfahren mitwirkenden Person sei auch kein zusätzliches „wissenswertes Interesse“ erforderlich. Es komme auch nicht darauf an, ob ein irgendwie geartetes „Bedürfnis“ der Presse an der Namensnennung vorliege. Die Presse dürfe allein nach publizistischen Kriterien entscheiden, „was sie des öffentlichen Interesses für werthält und was nicht“. Dieser Grundsatz gelte nicht nur für tagesaktuelle Presse, sondern auch für dauerhaft als Buch verfügbare Publikationen.

Keine "Prangerwirkung"

Ein Vorrang des Persön­lich­keits­in­teresses sei allerdings anzunehmen, wenn die an der Rechtspflege mitwirkenden Personen erhebliche Belästigungen oder eine Gefährdung zu befürchten hätten. Dies sei hier nicht anzunehmen. Schließlich sei die Namensnennung hier auch nicht mit der Darstellung von unwahren oder entstellten Tatsachen über die Klägerin verbunden. Es werde nicht der Eindruck erweckt, bei der Klägerin handele es sich um eine Person mit recht­s­ex­tre­mis­tischen Einstellungen. Die von der Klägerin befürchtete Gefährdung ihres beruflichen Fortkommens und erhöhte Gefahr verstärkt eingereichter Befan­gen­heits­anträge führten nicht zu einem anderen Abwägungs­er­gebnis. „Eine über das Bekanntwerden ihrer Mitwirkung an dem Strafverfahren und ihre Einschätzung der Beweislage hinausgehende „Prangerwirkung“ vermag der Senat nicht zu erkennen“, betonte der Senat.

Nicht­zu­las­sungs­be­schwerde möglich

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nicht­zu­las­sungs­be­schwerde kann die Klägerin die Zulassung der Revision beim BGH begehren.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/pt)

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