In dem zugrunde liegenden Streitfall wird der Angeklagten von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, während ihrer Zeit als Vizepräsidentin des Frankfurter Polizeipräsidiums in einem Prozess als Zeugin gegen einen Kriminalhauptkommissar am 15. September 2009 falsch ausgesagt zu haben. Dem Hauptkommissar war vorgeworfen worden, auf einer Dienstreise zu Unrecht Spesen abgerechnet zu haben. Die Angeklagte soll bei ihrer damaligen Zeugenaussage vor dem Amtsgericht bewusst der Wahrheit zuwider ausgesagt haben, sie habe als Vorgesetzte keinem der von den Betrugsvorwürfen betroffenen Beamten eine "Art Kronzeugenregelung" als Entgegenkommen oder Straferleichterung angeboten, um diese zu bewegen, gegen einen anderen Beamten auszusagen. Tatsächlich - so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft - habe die Angeklagte den Hauptkommissar aber im Rahmen eines Vier-Augen-Gesprächs im Juli 2006 aufgefordert, gegen einen anderen Beamten auszusagen. Außerdem habe sie ihm für diesen Fall zugesagt, dass man "über alles reden könne".
Das Landgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 29. Februar 2012 den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die Angeklagte abgelehnt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die angebliche Falschaussage sei nicht mehr zu beweisen, da die konkrete Vernehmungssituation im Termin vom 15. September 2009 nicht mehr detailliert aufklärbar sei.
Gegen den ablehnenden Beschluss des Landgerichts hatte die Staatsanwaltschaft Beschwerde zum zuständigen OLG eingelegt.
Mit Erfolg, wie der zuständige 1. Strafsenat nunmehr im vorliegenden Beschluss ausführte. Die Anklage sei zuzulassen, da nach einer Gesamtschau der vorhandenen Beweismittel der hinreichende Verdacht bestehe, dass die Angeklagte am 15. September 2009 vor dem Amtsgericht vorsätzlich die Unwahrheit gesagt habe.
Als Beweismittel stünden die eigenen Einlassungen der Angeklagten im damaligen Prozess sowie die Beobachtungen mehrerer Zeugen zur Verfügung, insbesondere der damals am Verfahren unmittelbar beteiligten Personen, wie Richter, Staatsanwalt und Protokollkraft. Es seien auch hinreichende Verdachtsmomente dafür vorhanden, dass die Zeugenaussage der Angeklagten nicht der Wahrheit entsprochen und sie vorsätzlich gehandelt habe. Die Rekonstruktion des Ablaufs der damaligen Befragung der Angeklagten möge zwar schwierig sein, sei jedoch entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht ausgeschlossen.
Die vorliegende Entscheidung des OLG bedeutet lediglich, dass das Landgericht über die Anklage verhandeln muss. Ob sich die Angeklagte tatsächlich einer uneidlichen Falschaussage schuldig gemacht hat oder nicht, wird sich in dem Hauptverfahren vor dem Landgericht ergeben.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.12.2012
Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main/ra-online