24.11.2024
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Dokument-Nr. 4394

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Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss13.06.2007

Umwandlung eines ehemaligen Militä­r­flug­hafens unterliegt dem VergaberechtInves­to­re­n­aus­wahl­ver­fahren für „Flughafen Ahlhorn“ muss erneut ausgeschrieben werden

Erstmals hatte sich ein Gericht mit der Frage zu befassen, wie bei dem Verkauf früher militärisch genutzter Flächen zu verfahren ist, wenn dieser Verkauf mit einem Inves­to­re­n­aus­wahl­ver­fahren im Rahmen einer Umwandlung verbunden ist. Der Vergabesenat des Oberlan­des­ge­richts Düsseldorf entschied, dass die Regeln über die Vergabe von Bauaufträgen einzuhalten sind, wenn der öffentliche Eigentümer des Geländes und die betreffende Gemeinde bei der Vermarktung zusam­me­n­a­r­beiten und die Gemeinde den Abschluss eines Durch­füh­rungs­ver­trages nach § 12 BauGB zur Absicherung der vom Investor zugesagten Baumaßnahmen verlangt.

Die Bundesrepublik ist Eigentümer des Geländes „Flughafen Ahlhorn“ in der Nähe von Oldenburg/Niedersachsen, das langjährig als Militä­r­flughafen genutzt wurde. Nachdem ein Bedarf dafür nicht mehr vorhanden war, entschloss sie sich, das Gelände zu verkaufen. Die Gemeinde Großenkneten, in deren Gebiet das Gelände liegt, war sehr daran interessiert, dass die zukünftige Nutzung des Geländes zu einer nachhaltigen Stärkung des Wirtschafts­s­tan­dortes führen würde. Nach den Feststellungen des Senates begaben sich Bund und Gemeinde gemeinsam auf die Suche nach einem Investor, der die Gewähr für eine langfristige gewerbliche Nutzung des Geländes bot. Dazu forderten sie mehrere ihnen bekannte Interessenten zur Darstellung ihrer Vorstellungen über die Entwicklung des Geländes, insbesondere die Art der vorgesehenen gewerblichen Nutzung sowie die geplanten baulichen Maßnahmen, sowie über den Kaufpreis bis zu einem bestimmten Datum auf. Bei der Prüfung der Inves­to­ren­konzepte sollten eine Reihe von Kriterien zur Wirtschaft­lichkeit des Projekts, zur Schaffung von Arbeitsplätzen sowie zum „Umgang mit dem Standort Großenkneten/Fliegerhorst Ahlhorn“ Berück­sich­tigung finden. Wie der Senat festgestellt hat, hat die Gemeinde verlangt, dass der Investor mit der Gemeinde einen städtebaulichen Entwick­lungs­vertrag (Durch­füh­rungs­vertrag gemäß § 12 BauGB) über die durch­zu­füh­renden Bauarbeiten abschließen würde.

Daraufhin reichten mehrere Interessenten, darunter die Antragstellerin, Angebote ein. In einem ersten Schritt entschlossen sich der Bund und die Gemeinde, nur Konzepte weiter­zu­ver­folgen, die eine weitere Nutzung als Flughafen vorsahen. Schließlich entschloss sich der Bund im Einvernehmen mit der Gemeinde, nur noch Verhandlungen mit einem dritten Unternehmen als „preferred bidder“ zu führen.

Dies beanstandete die Antragstellerin in einem gegen die Bundesrepublik gerichteten Verga­be­n­ach­prü­fungs­ver­fahren. Nachdem die zuständige Vergabekammer den Antrag zurückgewiesen hat, weil es sich bei dem geplanten Grund­s­tücks­verkauf nicht um einen verga­be­pflichtigen Auftrag im Sinne der §§ 97 ff. GWB gehandelt habe, rief die Antragstellerin den Vergabesenat des Oberlan­des­ge­richts Düsseldorf an.

Der Senat hat die Bundesrepublik nun verurteilt, einen Zuschlag über den Verkauf des Geländes nicht ohne eine EU-weite Ausschreibung und ein erneutes ordnungsgemäßes Verga­be­ver­fahren zu erteilen.

Der Vergabesenat ist dabei zunächst davon ausgegangen, dass es sich bei dem von der Gemeinde verlangten Durch­füh­rungs­vertrag nach § 12 BauGB um einen Vertrag über „die Ausführung ... eines Bauwerks ... gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen“ (§ 99 Abs. 3 GWB) gehandelt habe. Zwar gehe die Praxis entsprechend einer weit verbreiteten Auffassung davon aus, dass städtebauliche Entwick­lungs­verträge der Gemeinden nicht unter diese Vorschrift fielen, weil bei derartigen Verträgen die Gemeinden die herzustellenden Bauwerke nicht selber nutzen würden und zudem der Investor kein Entgelt von der Gemeinde erhalte, sondern sich durch Verkauf oder Vermietung der bebauten Grundstücke refinanzieren müsse. Der Senat vertritt jedoch die Auffassung, dass infolge der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu der den nationalen Verga­be­vor­schriften zugrunde liegenden Richtlinie diese Auffassung nicht mehr haltbar sei. Es komme nicht mehr darauf an, ob die Gemeinde die Bauwerke zu eigenen Zwecken nutzen wolle, es reiche vielmehr aus, wenn die Gemeinde den Dritten mit der Errichtung bestimmter Bauwerke, zu welchen Zwecken auch immer, beauftrage. Ob die Gemeinde unmittelbar ein Entgelt zahlen wolle, sei unerheblich, es reiche aus, wenn der Investor für die Bauarbeiten mittelbar – nämlich von den Käufern/Mietern der bebauten Grundstücke – ein Entgelt erhalte. Dass der Investor das geschäftliche Risiko trage, führe zwar zu einer Einordnung als sogenannte Baukonzession, ändere aber grundsätzlich an der Geltung der §§ 97 ff. GWB nichts. Der Senat hat des Weiteren festgestellt, das zwischen dem vom der Gemeinde verlangten städtebaulichen Vertrag und dem von der Bundesrepublik abzuschlie­ßenden Grund­s­tücks­kauf­vertrag – der als solcher nicht den Vorschriften über das Verga­be­ver­fahren unterfällt - ein enger zeitlicher und inhaltlicher Zusammenhang bestanden habe. Der Bund habe auf die Wünsche der Gemeinde Rücksicht genommen und die Entscheidungen gemeinsam mit ihr getroffen. Maßgeblicher Gesichtspunkt für die Entscheidung, mit wem habe weiter­ver­handelt werden sollen, sei nicht nur der Kaufpreis, sondern vor allem die - von der Gemeinde ins Auge gefasste - Stärkung des Wirtschafts­s­tan­dortes Großenkneten gewesen. Zudem habe die Entscheidung der Bundesrepublik über den Partner des Kaufvertrages die Entscheidung der Gemeinde über den Partner des städtebaulichen Vertrages präjudiziert.

In der Sache hat der Senat bemängelt, dass – neben anderen Fehlern im Verga­be­ver­fahren - der Auftrag nicht, wie für Baukonzessionen vorgeschrieben, EU-weit ausgeschrieben und in einem geordneten Verga­be­ver­fahren vergeben worden ist.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Düsseldorf vom 13.06.2007

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