Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss09.08.2007
Rücksichtsloses Überholen begründet für sich genommen keine Strafbarkeit wegen NötigungFür strafbare Nötigung muss Einwirkung auf anderen Verkehrsteilnehmer Zweck der verbotenen Fahrweise sein
Im Straßenverkehr stellt eine Fahrweise dann eine Nötigung nach § 240 StGB dar, wenn die Einwirkung auf den anderen Verkehrsteilnehmer Zweck der Fahrweise ist. Dies ist bei einem bloß rücksichtslosen Überholen in der Regel nicht der Fall, da die Einwirkung auf andere in diesem Fall nicht Ziel des Überholers ist, sondern nur als Folge der Fahrweise in Kauf genommen wird. Dies hat das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juni 2005 setzte ein Autofahrer nach einer Kreuzung zum Überholen eines vor ihm fahrenden Motorrads an, obwohl sich die Fahrbahn nach ca. 20 Metern deutlich verengte und der Überholvorgang nur bei einem deutlichen Abbremsen des Motorrads durchgeführt werden konnte. Nachdem sich beide Fahrzeuge auf gleicher Höhe befanden und auf die Fahrbahnverengung zufuhren, zog der Autofahrer sein Fahrzeug nach rechts und drängte dadurch das Motorrad ebenfalls weiter nach rechts in Richtung Bordsteinkante. Um schließlich einen Unfall zu vermeiden, bremste der Motorradfahrer sein Fahrzeug stark ab.
Amtsgericht und Landgericht bejahten Strafbarkeit wegen Nötigung
Der Autofahrer wurde wegen des Vorfalls vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt. Zudem wurde ein dreimonatiges Fahrverbot verhängt. Nach Ansicht des Amtsgerichts sei in dem Verhalten des Autofahrers eine strafbare Nötigung nach § 240 Abs. 1 StGB zu sehen gewesen. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Berufung blieb vor dem Landgericht Düsseldorf erfolglos. Der Autofahrer legte daraufhin Revision ein.
Oberlandesgericht sah im bloßen rücksichtslosen Überholen keine strafbare Nötigung
Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied zu Gunsten des Autofahrers und hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf. Das Verhalten des Autofahrers sei nicht als strafbare Nötigung anzusehen gewesen. Es sei zu beachten gewesen, dass nicht jeder vorsätzliche Verkehrsverstoß eine Nötigung im Sinne des § 240 StGB darstellt. Voraussetzung sei vielmehr, dass die Einwirkung auf einen anderen Verkehrsteilnehmer Zweck des verbotswidrigen Verhaltens und nicht bloße Folge ist. Dies sei zum Beispiel bei einem dicht und bedrängenden Auffahren oder absichtlichen Ausbremsen oder Abdrängen der Fall, nicht aber bei einem bloß rücksichtslosen Überholen. In diesem Fall sei in der Regel Ziel des Verkehrsteilnehmers schneller voranzukommen. Dass dadurch andere beeinträchtigt werden, sei nur die in Kauf genommen Folge.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.05.2015
Quelle: Oberlandesgericht Düsseldorf, ra-online (vt/rb)