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Oberlandesgericht Dresden Urteil01.04.2004

Skifahrer muss auf Sicht fahren und jederzeit bremsen können - Stehenbleiben erlaubtVon oben kommender Skifahrer haftet allein

Ein Skifahrer darf an einem steilen Hang stehen bleiben und sich einen Überblick über den Pistenverlauf verschaffen. Wenn dann ein nachfolgender Skifahrer in ihn hinein fährt, so haftet dieser allein, da ein Skifahrer immer auf Sicht fahren muss und jederzeit in der Lage sein muss, Hindernissen auszuweichen. Das hat das Oberlan­des­gericht Dresden entschieden.

Das Gericht sprach dem bei einem Zusammenprall auf einer Skipiste in Österreich Geschädigten (Gehir­n­er­schüt­terung und Verlust von zwei Schneidezähnen) materiellen Schadenersatz in Höhe von ca. 3.800 € sowie ein Schmerzensgeld von 2.000 € zu.

Der Kläger war auf einer Skipiste an einem beginnenden Steilhang stehen geblieben. Dem kurze Zeit danach herannahenden Beklagten war es nicht mehr gelungen, rechtzeitig zu bremsen. Er fuhr den Kläger um und schlug ihm dabei mit dem Skistock zwei Schneidezähne aus. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen, da es ein alleiniges Verschulden des Klägers annahm, der nach Auffassung des Landgerichts nicht an einer unüber­sicht­lichen Stelle hätte stehen bleiben dürfen. Dem ist der Senat nicht gefolgt. Nach FIS-Regel Nr. 2 müsse jeder Skifahrer auf Sicht fahren, d.h., seine Geschwindigkeit und seine Fahrweise seinem Können und den Gelände- und Witte­rungs­ver­hält­nissen sowie der Verkehrsdichte anpassen. An kritischen Stellen müsse so gefahren werden, dass bei Auftreten von Hindernissen noch gebremst oder ausgewichen werden könne. Hiergegen habe der Beklagte verstoßen. Den Kläger trifft nach Meinung des Senats hingegen kein Mitverschulden. Entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung verbiete FIS-Regel Nr. 6 nicht das Anhalten auf der Piste. Lediglich an unüber­sicht­lichen oder engen Stellen dürfe man sich nicht ohne Not aufhalten. Um eine derartige Stelle habe es sich hier aber nicht gehandelt. Das Anhalten vor steileren Strecke­n­ab­schnitten, um sich einen Überblick über das Gelände zu verschaffen, sei vielmehr durchaus zweckmäßig, zumal ein Halten im Steilhang selbst naturgemäß erheblich schwerer falle.

Der Senat hat dem Kläger auch die Erstattung der Kosten für den Einsatz von Zahnimplantaten zuerkannt, soweit diese nicht von der gesetzlichen Krankenkasse erstattet worden sind. Um eine so genannte "Luxusaufwendung", die den Rahmen des ersatzfähigen Schadens überschreiten würde, handele es sich hierbei nicht. Der Kläger müsse sich nicht auf die kosten­güns­tigere Variante einer Brücke verweisen lassen.

Vorinstanz:

LG Dresden, Az.: 7 O 2300/03

Quelle: ra-online, OLG Dresden

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