18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 1709

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Oberlandesgericht Dresden Urteil17.01.2006

Zur Haftung eines Heimträger für Sturz im Pflegeheim - Heimträger hat Selbst­be­stim­mungsrecht und Würde der Heimbewohner zu wahrenSchaden­s­er­satzklage der AOK gegen Pflegeheim abgewiesen

Die gegen einen Dresdner Pflege­heim­träger erhobene Schaden­s­er­satzklage der AOK Sachsen wurde vom Oberlan­des­gericht Dresden abgewiesen.

Eine 85jährige Heimbewohnerin stürzte am späten Abend des 09.03.2000 in ihrem Zimmer. Dabei zog sie sich eine schwere Halswir­bel­fraktur zu, an deren Folge sie im Juni 2000 ver-starb. Bereits im Januar und Februar 2000 hatte es ähnliche Stürze gegeben, die allerdings ohne gravierende Folgen blieben. Siche­rungs­maß­nahmen, wie etwa das Heraufziehen des Bettgitters, hatte die Geschädigte stets abgelehnt. Die AOK verlangt nun die Erstattung von Behand­lungs­kosten in Höhe von ca. 86.000 €. Sie ist der Ansicht, das Pflegeheim hätte nach den vorangegangenen Unfällen sturz­pro­phy­lak­tische Maßnahmen auch gegen den Willen der Heimbewohnerin treffen müssen.

Das Landgericht Dresden hat die Klage abgewiesen, der damalige 7. Zivilsenat des OLG hatte ihr im September 2004 auf die Berufung der AOK dem Grunde nach stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Nicht­zu­las­sungs­be­schwerde des Beklagten führte zur Aufhebung des OLG-Urteils durch den Bundes­ge­richtshof und zur Zurück­ver­weisung der Sache an das OLG.

Der nunmehr mit der Sache befasste 2. Zivilsenat hat nach Vernehmung von Pflegekräften und nach Anhörung eines Sachver­ständigen die Berufung der AOK zurückgewiesen.

Zur Begründung hat er ausgeführt, dass ein Pflege­heim­träger bei einem sturz­ge­fährdeten Heimbewohner zwar Vorkehrungen gegen Sturzgefahren zu treffen habe, bei den zu ergreifenden Maßnahmen aber das Selbst­be­stim­mungsrecht und die Würde des Heimbewohners zu wahren seien. Zunächst sei es Sache eines Heimträgers, den Heimbewohner auf die Gefahrenlage hinzuweisen und ihm aufzuzeigen, welche Maßnahmen der Sturzprophylaxe in Betracht kämen. Dabei habe der Heimträger ggf. auch die in Betracht kommenden technischen Möglichkeiten zu demonstrieren, um hierdurch eine Scheu vor einer Veränderung der gewohnten Verhältnisse abzubauen. Zeige sich ein Heimbewohner aber auch eindringlichen Ratschlägen gegenüber unzugänglich, könnten gegen dessen Willen Vorkehrungen, die das Selbst­be­stim­mungsrecht des Heimbewohners beein­träch­tigten, nicht ergriffen werden. Auch sei den Pflegekräften bei der Entscheidung darüber, wie nachhaltig einem Heimbewohner Vorsor­ge­maß­nahmen empfohlen würden, ein gewisser Beurtei­lungs­spielraum zuzubilligen.

Hiervon ausgehend hat das Oberlan­des­gericht vorliegend eine Pflicht­ver­letzung des Heimträgers verneint, da die Pflegekräfte der verunfallten Heimbewohnerin immer wieder angeraten hätten, bei nächtlichem Aufstehen die Hilfe des Pflegepersonals in Anspruch zu nehmen. Zudem sei der Heimbewohnerin zur Vermeidung nächtlicher Toilettengänge ein Nachtstuhl an das Bett gestellt und die Wirkungsweise eines hochgezogenen Bettgitters demonstriert worden. Weitere Maßnahmen hätten vorliegend nicht ergriffen werden müssen, insbesondere habe kein Anlass für ein Einschalten des Vormund­schafts­ge­richts bestanden.

Quelle: ra-online, OLG Dresden

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