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- AnwBl 2018, 555Zeitschrift: Anwaltsblatt (AnwBl), Jahrgang: 2018, Seite: 555
- NJW 2018, 2274Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2018, Seite: 2274
- Landgericht Dresden, Urteil22.09.2017, 5 O 1176/16
Oberlandesgericht Dresden Urteil18.04.2018
Freistaat Sachsen haftet auf Schadensersatz wegen verspäteter Mitteilung eines Rechtsanwalts zur TerminsaufhebungStaat muss Reisekosten und Tagesgeldpauschale erstatten
Die Aufhebung eines Gerichtstermins muss den Verfahrensbeteiligten noch vor der Abreise zugehen. Geschieht dies nicht und entstehen daher unnötige Kosten, haftet das betreffende Bundesland gemäß § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG auf Schadensersatz. Dies hat das Oberlandesgericht Dresden entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Am 7. April 2016 brach ein Hamburger Rechtsanwalt in den frühen Morgenstunden zu einem Gerichtstermin in Dresden auf. Leider war der Termin bereits aufgehoben worden. Die entsprechende Aufhebung erreichte seine Kanzlei erst am Terminstag, obwohl die Aufhebung bereits am 31. März 2016 angeordnet wurde. Die Geschäftsstellenbedienstete des Gerichts verschickte die Bekanntmachung über die Aufhebung erst am 4. April 2016 per Post an die Kanzlei. Eine Benachrichtigung über Telefax oder Telefon erfolgte nicht, obwohl der Bediensteten klar war, dass der Rechtsanwalt aus Hamburg anreisen würde. Der Mandant des Rechtsanwalts klagte schließlich gegen den Freistaat Sachsen auf Schadensersatz wegen der entstanden Reisekosten in Höhe von 289,50 Euro und der Tagesgeldpauschale in Höhe von 70 Euro. Nachdem das Landgericht Dresden über den Fall entschied, musste das Oberlandesgericht Dresden eine Entscheidung treffen.
Anspruch auf Schadensersatz
Das Oberlandesgericht Dresden entschied zu Gunsten des Klägers. Ihm stehe gemäß § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der entstandenen Reisekosten und der Tagesgeldpauschale zu. Ein Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG sei nicht erforderlich gewesen, da eine Terminsabladung keinen Justizverwaltungsakt im Sinne dieser Vorschriften darstelle.
Amtspflichtverletzung aufgrund unterlassener Benachrichtigung per Fax oder Telefon
Die Geschäftsstellenbedienstete habe nach Auffassung des Oberlandesgerichts durch die unterlassene Vorabbenachrichtigung über die Terminsaufhebung per Telefax oder Telefon fahrlässig ihre Amtspflicht verletzt. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle müsse dafür Sorge tragen, dass den Verfahrensbeteiligten die Abladungsnachricht so rechtzeitig zugehe, dass sie davon noch vor der Anreise zum Termin Kenntnis nehmen können. Die Abladung hätte hier dem Rechtsanwalt des Klägers spätestens am 6. April 2016 zugehen müssen. Die Bedienstete habe nicht davon ausgehen dürfen, dass die am 4. April 2016 mittels Post versandte Mitteilung den Rechtsanwalt noch am 6. April 2016 erreichen werde.
Kein Mitverschulden aufgrund fehlender Nachfrage zum Bestehen des Termins
In der unterlassenen Nachfrage, ob der Termin noch Bestand habe, sei nach Ansicht des Oberlandesgerichts kein dem Kläger zuzurechnendes Mitverschulden des Rechtsanwalts zu sehen. Eine Partei bzw. deren Prozessbevollmächtigte müssen nicht vor Anreise nachfragen, ob der Termin stattfinde.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 17.05.2019
Quelle: Oberlandegsericht Desden, ra-online (vt/rb)
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