Oberlandesgericht Celle Urteil28.03.2012
Kein Anspruch auf Schadenersatz wegen unabwendbaren AufschiebeunfallUnabwendbarkeit einer Aufschiebekollision trotz Nichteinhaltung des Sicherheitsabstands
Kommt es zu einem Aufschiebeunfall, der trotz Nichteinhaltung des Sicherheitsabstands unabwendbar war, so besteht kein Anspruch auf Schadenersatz. Dies hat das Oberlandesgericht Celle entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Auf einer Autobahn kam es im Juli 2008 zu einem Aufschiebeunfall als ein LKW auf einen Mercedes Sprinter aufstieß und diesen dadurch auf ein vorausfahrendes Wohnmobil schob. Nachfolgend klagte die Besitzerin des Wohnmobils gegen den Fahrer des Mercedes Sprinter auf Zahlung von Schadenersatz. Sie gab zwar zu, dass der Fahrer des Sprinters durch das Auffahren des LKWs auf ihr Wohnmobil geschoben wurde. Hätte er aber den erforderlichen Sicherheitsabstand eingehalten, wäre es nicht zu der Kollision gekommen. Der Fahrer des Sprinters wiederum vertrat die Ansicht, dass unabhängig des Sicherheitsabstands für ihn der Unfall unabwendbar gewesen sei. Das Landgericht Hannover folgte der Meinung der Klägerin und verneinte das Vorliegen eines den Schadenersatzanspruch ausschließenden unabwendbaren Ereignisses im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG. Dagegen legte der Beklagte Berufung ein.
Kein Anspruch auf Schadenersatz wegen Aufschiebeunfall
Das Oberlandesgericht Celle entschied zu Gunsten des Beklagten. Der Klägerin habe kein Anspruch auf Schadenersatz nach § 7 StVG gehabt. Denn es habe ein für den Beklagten unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG vorgelegen.
Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses
Ein unabwendbares Ereignis liege vor, so das Oberlandesgericht weiter, wenn ein Idealfahrer bei idealer Fahrweise mit einem idealen Fahrzeug den Unfall nicht vermeiden oder dessen Schadensfolgen zumindest nicht verringern kann. Im Fall eines Aufschiebeunfalls sei nur dann von einem solchen Ereignis auszugehen, wenn der Fahrer des aufschiebenden Fahrzeugs beweisen kann, dass sein Fahrzeug ohne den Anstoß nicht auf das vordere Fahrzeug aufgefahren wäre. Diesen Beweis habe der Beklagte hier zwar nicht führen können, da feststand, dass er nicht den erforderlichen Sicherheitsabstand einhielt. Dies sei aber auch unerheblich gewesen.
Unabwendbares Ereignis trotz Nichteinhaltung des Sicherheitsabstands
Nach Einschätzung des Oberlandesgerichts habe trotz Nichteinhaltung des Sicherheitsabstands ein unabwendbares Ereignis für den Beklagten vorgelegen. Denn der Unfall wäre auch bei Einhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstands zustande gekommen. Dies habe die Einholung eines Sachverständigengutachtens ergeben. Auch ein Idealfahrer müsse nicht einen solch großen Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug einhalten, dass er auch für den Fall, dass ihm ein beliebig schweres Fahrzeugs mit beliebig hoher Geschwindigkeit auffährt, keinesfalls auf das vorausfahrende Fahrzeug aufgeschoben werden kann.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 30.01.2014
Quelle: Oberlandesgericht Celle, ra-online (vt/rb)