23.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 26222

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Urteil02.03.2017Oberlandesgericht Brandenburg12 U 18/16
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-RR 2017, 862Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2017, Seite: 862
  • NJW-Spezial 2017, 298Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2017, Seite: 298
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Vorinstanz:
  • Landgericht Potsdam, Urteil21.12.2015, 6 O 148/14
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Brandenburg Urteil02.03.2017

Haftung eines Busfahrers wegen Verkehrsunfalls mit Motorradfahrer aufgrund Missachtung des Vorrangs an einer EngstelleMitverschulden des Motorradfahrers aufgrund Verstoßes gegen Rechtsfahrgebot

Hat der Gegenverkehr an einer Engstelle Vorrang, so gilt dieser Vorrang auch für Motorradfahrer. Befährt ein Busfahrer trotz der Erkennbarkeit des Motorradfahrers die Engstelle, haftet er im Falle einer Kollision. Dem Motorradfahrer kann jedoch ein Mitverschulden von 40 % angelastet werden, wenn er nicht möglichst weit rechts fährt und somit gegen das Rechtsfahrgebot verstößt. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Brandenburg hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall kam es im Mai 2012 an einer Engstelle zu einer Kollision zwischen einem Bus und einem Motorrad. Obwohl der Busfahrer sah, dass eine Gruppe von Motorradfahrern die Engstelle befuhr, und er den Gegenverkehr Vorrang gewähren musste, fuhr er in die Engstelle hinein. Der Busfahrer ging davon aus, gefahrlos an der Gruppe vorbeifahren zu können. Zwar klappte dies zunächst, jedoch fuhr eine Motor­rad­fahrerin zu weit links, so dass sie mit dem Bus zusammenstieß und sich erheblich verletzte. Die Motor­rad­fahrerin klagte aufgrund des Unfalls auf Schadensersatz.

Landgericht gab Schaden­s­er­satzklage unter Beachtung eines Mitverschuldens von 20 % statt

Das Landgericht Potsdam gab der Schaden­s­er­satzklage statt. Es lastete der Motor­rad­fahrerin aber ein Mitverschulden von 20 % an, da sie sich nicht an das Rechtsfahrgebot gehalten habe. Gegen diese Entscheidung legte der Busfahrer Berufung ein.

Oberlan­des­gericht bejaht ebenfalls Schaden­s­er­satz­an­spruch

Das Oberlan­des­gericht Brandenburg bestätigte im Wesentlichen die Entscheidung des Landgerichts. Der Motor­rad­fahrerin stehe gegen den Busfahrer ein Anspruch auf Schadensersatz zu.

Nichtbeachtung des Vorrangs des Gegenverkehrs

Der Busfahrer habe den Vorrang des Gegenverkehrs nicht beachtet und somit gegen § 41 Abs. 1 StVO in Verbindung mit dem Vorschrift­zeichen 208 verstoßen, so das Oberlan­des­gericht. Der Vorrang habe auch für die Motor­rad­fahrerin gegolten, da er nicht auf mehrspurige Fahrzeuge beschränkt sei. Der Busfahrer habe sich trotz der Fahrbahnbreite von 7,4 m nicht sicher sein dürfen, dass ein Motorrad ungehindert an dem Bus hätte vorbeifahren können. Beim Entgegenkommen einer Motorradkolonne müsse damit gerechnet werden, dass die Motorradfahrer nicht ausschließlich hintereinander herfahrend am äußersten Fahrbahnrand bleiben, sondern auch nebeneinander fahrend in die Engstelle hineinfahren.

Mitverschulden aufgrund Verstoßes gegen Rechtsfahrgebot

Der Motor­rad­fahrerin sei aber nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts ein Mitverschulden anzulasten, da sie gegen das Rechtsfahrgebot gemäß § 2 Abs. 2 StVO verstoßen habe. Auch derjenige, der grundsätzlich Vorrang habe, müsse mit Gegenverkehr rechnen, der bei normaler Fahrt ohne Behinderung möglich sei. Der Berechtigte müsse deshalb in der Engstelle so weit rechts fahren, wie ihm das möglich sei. Dies habe im vorliegenden Fall insbesondere deshalb gegolten, weil der Vorrang nur gegenüber Lkw und Bussen galt und nicht gegenüber sonstigen Fahrzeugen. Bei Einhaltung des Rechts­fahr­gebots wäre eine Vorbeifahrt ohne Probleme möglich gewesen.

Haftungs­ver­teilung von 60 % zu 40 % zu Lasten des Busfahrers

Das Oberlan­des­gericht nahm eine Haftungsverteilung von 60 % zu 40 % zu Lasten des Busfahrers vor. Eine höhere Haftung des Busfahrers komme nicht in Betracht, da sein Verkehrsverstoß als nicht besonders gravierend zu werten sei. Denn bei normaler Fahrweise wäre eine Gefährdung der Motorradfahrer ausgeschlossen gewesen, auch wenn eine Gewissheit darüber nicht bestanden habe. Demgegenüber sei der Verkehrsverstoß der Motor­rad­fahrerin nicht unerheblich gewesen.

Quelle: Oberlandesgericht Brandenburg, ra-online (vt/rb)

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