Dokument-Nr. 25255
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- FamRZ 2017, 1762Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2017, Seite: 1762
- Amtsgericht Strausberg, Beschluss23.03.2016
Oberlandesgericht Brandenburg Beschluss27.01.2017
Keine Adoption einer Volljährigen mit Wirkung einer Minderjährigenadoption bei bloßem Desinteresse des leiblichen VatersMögliche Unterhaltsansprüche des leiblichen Vater stehen Volladoption entgegen
Das Zeigen von Desinteresse des leiblichen Vaters am Leben seines volljährigen Kindes, rechtfertigt dann keine Adoption mit Wirkung einer Minderjährigenadoption, wenn dem leiblichen Vater mögliche zukünftige Unterhaltsansprüche zu stehen. Dies hat das Oberlandesgericht Brandenburg entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im November 2015 beabsichtigte ein Ehemann die volljährige Tochter seiner Ehefrau zu adoptieren. Das Kind lebte bereits seit seinem vierten Lebensjahr zusammen mit seiner Mutter im Haushalt des Annehmenden. Zu dem leiblichen Vater bestand bis auf wenige Ausnahmen kein Kontakt. Die Tochter brach schließlich den Kontakt zum Vater ab, da sie ihm Lieblosigkeit und emotionale Kälte vorwarf. Er interessiere sich nicht für ihr Leben. Der leibliche Vater zahlte aber etwa 14 Jahre lang Unterhalt für seine Tochter.
Amtsgericht wies Antrag auf Volladoption ab
Das Amtsgericht Strausberg wies den Antrag auf Adoption der volljährigen Tochter mit Wirkung einer Minderjährigenadoption (sog. Volladoption) ab. Zur Begründung verwies das Gericht insbesondere auf mögliche zukünftige Unterhaltsansprüche des leiblichen Vaters, die gesichert werden müssen. Gegen diese Entscheidung legte die Tochter Beschwerde ein.
Oberlandesgericht verneint ebenfalls Volladoption
Das Oberlandesgericht Brandenburg bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und wies daher die Beschwerde der Tochter zurück. Zwar liegen die Voraussetzungen für eine Volladoption gemäß § 1772 Abs. 1 b) und c) BGB an sich vor, da die Tochter bereits als Minderjährige in die Familie des Annehmenden aufgenommen wurde und der Annehmende das Kind seines Ehegatten adoptieren will. Der Adoption stehen aber überwiegende Interessen des leiblichen Vaters entgegen (§ 1772 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Sicherung möglicher Unterhaltsansprüche des leiblichen Vaters
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts könne das behauptete Desinteresse des Vaters und seine angebliche Lieb- und Taktlosigkeit nicht den Abbruch der Beziehung zur leiblichen Familie rechtfertigen. Denn dem Vater stehen mögliche zukünftige Unterhaltsansprüche zu. Der drohende Verlust dieser Ansprüche sei ein gewichtiger, einer Volladoption entgegenstehender Grund. Dabei sei es unerheblich, ob die Unterhaltspflicht des Kindes gegenüber seiner leiblichen Eltern bereits bestehe oder sich konkret abzeichne. Zudem sei zu berücksichtigen, dass es sittlich nicht gerechtfertigt sei, wenn ein Kind, welches von seinem leiblichen Elternteil Unterhalt bezogen habe, sich durch eine Volladoption seiner eigenen Unterhaltspflicht entziehe.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.12.2017
Quelle: Oberlandesgericht Brandenburg, ra-online (vt/rb)
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