21.11.2024
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Dokument-Nr. 15455

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Beschluss09.03.2011Oberlandesgericht Bamberg3 Ss 20/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2012, 1095Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2012, Seite: 1095
  • NStZ 2012, 156Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ), Jahrgang: 2012, Seite: 156
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ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Bamberg Beschluss09.03.2011

Anlasslose Anwahl der Notrufnummer stellt Missbrauch von Notrufen darStrafbarkeit nach § 145 Abs. 1 Nr. 1 StGB besteht

Wird die Notrufnummer 110 anlasslos angewählt, so stellt dies einen Missbrauch von Notrufen dar. Dies ist gemäß § 145 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Bamberg hervor.

In dem zu Grunde liegenden Fall rief eine betrunkene Frau im Oktober 2009 in der Zeit von 17.45 Uhr bis 20.54 Uhr über ihren Telefo­n­an­schluss insgesamt 54mal die Notrufnummer 110 an. Einen Anlass dafür hatte sie nicht. Sie wollte lediglich mit dem jeweiligen Polizeibeamten reden und die Beamten zu einem Besuch überreden. Das Amtsgericht verurteilte die Frau deswegen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten auf Bewährung. Die Berufung der Frau wurde vom Landgericht verworfen. Daraufhin legte sie Revision ein. Sie meint, das Anwählen der 110 komme kein Notruf gleich, da damit allein nicht unmiss­ver­ständlich eine Not- und Gefahrenlage angezeigt und das dringende Bedürfnis nach Hilfe zum Ausdruck gebracht werde. Es sei vielmehr noch weitere Erklärungen notwendig.

Oberlan­des­gericht bestätigte Verurteilung

Das Oberlan­des­gericht Bamberg entschied gegen die Frau. Durch ihr rauschbedingtes Verhalten habe sie den Tatbestand des Missbrauchs von Notrufen gemäß § 145 Abs. 1 Nr. 1 StGB verwirklicht und damit eine Rauschtat im Sinne des § 323 a StGB begangen.

Funkti­o­ns­fä­higkeit des Notrufs soll gewährleistet werden

Durch § 145 StGB soll gewährleistet werden, so das Oberlan­des­gericht weiter, dass Notrufe und Notzeichen nicht missbraucht werden und fremde Hilfe nur in Anspruch genommen wird, wenn sie erforderlich ist. Denn ein Missbrauch könne bewirken, dass ohne Grund zum Einsatz gerufene Helfer während dieser Zeit für einen tatsächlichen Hilfsdienst nicht zur Verfügung stehen. Ebenfalls werde vom Schutzzweck erfasst, dass die Funkti­o­ns­fä­higkeit der Anlage gesichert bleibt und nicht durch missbräuchliche Inanspruchnahme beeinträchtigt wird.

Benutzung der Nummer 110 stellt Notruf dar

Der Begriff des Notrufs setze nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts voraus, dass er auf eine Notlage und damit auf das Bedürfnis nach fremder Hilfe sowie einer erheblichen Gefahr aufmerksam macht. Erfasst werden also nicht etwa Hilferufe bei harmlosen häuslichen Streitigkeiten zwischen Famili­en­mit­gliedern oder Wohnungs­nachbarn. Zu den Notrufen bzw. Notzeichen gehören beispielsweise die Betätigung von Feuermeldern sowie Alarmanlagen, ebenso das Abgeben von SOS-Funksignalen oder das Abschießen notanzeigender Leuchtkugeln. Entgegen der Meinung der Angeklagten gehöre aber auch die Nummer 110 zu den Notrufen. Denn der Anruf bei der Polizei­leit­stelle unter der Nummer 110 habe keine geringere Wirkung als die Betätigung eines Feuermelders, einer Alarmsirene oder sonstiger Notsignale. Es sei zudem zu berücksichtigen, dass es sich beim polizeilichen Notruf 110 im täglichen Leben um die wichtigste Einrichtung handelt, über die Hilfsmaßnahmen nicht nur der Polizei, sondern auch anderer Institutionen zu erlangen sind. Über die Notrufzentrale 110 werden Hilfeersuchen auch an Notarztstellen, Unfall­ret­tungs­dienste oder Feuerwehr weitergeleitet. Es sei daher nicht ersichtlich, diese im Gebrauch häufigste und in der Wirkung umfassendste Einrichtung zur Herbeiholung von Hilfe, einen geringeren Schutz zukommen zu lassen als den anderen anerkannten Notrufen bzw. -zeichen.

Quelle: Oberlandesgericht Bamberg, ra-online (vt/rb)

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