21.11.2024
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Dokument-Nr. 5721

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Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Beschluss06.03.2008

Bau des JadeWeserPorts in Wilhelmshaven kann beginnenKeine natur­schutz­recht­lichen Bedenken

Das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht hat die sofortige Vollziehung des Planfest­stel­lungs­be­schlusses der Wasser- und Schiff­fahrts­di­rektion Nordwest für den Ausbau der Jade und die Errichtung eines Tiefwas­ser­hafens für Contai­ner­schiffe (JadeWeserPort) in Wilhelmshaven mit geringen Einschränkungen bestätigt.

Zur Herstellung der neuen Hafenfläche soll nördlich an die Nieder­sach­sen­brücke angrenzend auf einer Fläche von ca. 356 ha ein Hafengebiet aufgespült werden, das eine ca. 119,4 ha Terminalfläche mit Kaje, einen ca. 172 ha großen Hafengroden, Verkehrsflächen für Straßen und Schienen sowie eine Fläche für Sondernutzungen aufweist. Die Jade-Fahrrinne soll zwischen den Kilometern 7 und 15 zur wasserseitigen Anbindung verlegt werden. Ziel ist es, Schiffen mit einem Tiefgang von bis zu 16 m die an der deutschen Nordseeküste bisher nicht gegebene Möglichkeit eines tideu­n­ab­hängigen Anlaufens zu ermöglichen.

Der Antragsteller des erstgenannten Verfahrens, ein natur­schutz­rechtlich anerkannter Verein, hat gegen die angeordnete sofortige Vollziehung des Planfest­stel­lungs­be­schlusses u. a. geltend gemacht, das Vorhaben sei nicht so wichtig oder dringlich, dass mit seiner Umsetzung nicht bis zur rechtskräftigen Entscheidung im laufenden Klageverfahren gewartet werden könne. Die Herstellung der notwendigen Verkehr­s­an­bin­dungen sei nicht absehbar. Vor allem begegne das Projekt gravierenden natur­schutz­recht­lichen Bedenken. Nicht alle geschützten Tierarten seien erfasst worden. Der zu erwartende Bahnver­kehrslärm stehe im Widerspruch zum Schutzzweck der Verordnung zum Natur­schutz­gebiet "Voslapper Groden-Süd", die ein Europäisches Vogel­schutz­gebiet ausweist.

Das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht - 7. Senat - hat die Bedenken in seiner Entscheidung überwiegend nicht geteilt. Es hat das Vorliegen der Voraussetzungen der sofortigen Vollziehung, also des Gebrauch­ma­chen­dürfens von der Gestattung bereits vor Rechtskraft der anhängigen Klageverfahren, bejaht und ausgeführt, dass die Klage des Antragstellers voraussichtlich überwiegend keinen Erfolg haben wird. Von ihm zu rügende Verfah­rens­fehler sind nicht ersichtlich. Auch die Standortwahl ist nicht zu beanstanden. Mit seinem Vorbringen zum Artenschutz ist der Antragsteller ausgeschlossen, weil er im Einwen­dungs­ver­fahren entsprechende Rügen nicht erhoben hat. Eine fehlerhafte Behandlung des Natur- und Landschafts­schutzes ist nicht festzustellen. Nicht leicht zu beurteilen ist allerdings die vom Antragsteller beanstandete Verträglichkeit des Vorhabens mit den Erhal­tungs­zielen des Europäischen Vogel­schutz­gebiets, die dortigen Brutbestände der wertgebenden Vogelarten (etwa Rohrdommel und Schilf­rohr­sänger) zu erhalten und vor erheblichen Beein­träch­ti­gungen zu bewahren. Es ist wissen­schaftlich nicht zweifelsfrei geklärt, wie diese Bestände auf Bahn- und Baulärm reagieren. Das europäische Natur­schutzrecht enthält insoweit sehr rigide Vorgaben. Lässt sich eine erhebliche Beein­träch­tigung der Erhaltungsziele nicht mit Sicherheit ausschließen, ist das Projekt grundsätzlich unzulässig. Die Planfest­stel­lungs­behörde hat dieses Problem gesehen und dem Vorhabensträger - dem Land Niedersachsen - ein Wahlrecht zwischen der sofortigen Errichtung einer Lärmschutzwand entlang der am nördlichen Rand des Vogel­schutz­gebiets geplanten Bahntrasse einerseits und begleitenden Beobachtungen ("Monitoring") andererseits eingeräumt, um zunächst festzustellen, ob überhaupt signifikante Beein­träch­ti­gungen auftreten. Erst bei entsprechenden Feststellungen müsse die Wand gebaut werden.

Das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht - 7. Senat - hat das Schutzkonzept zur Beseitigung der möglichen Erheblichkeit einer Beein­träch­tigung im Ansatz gebilligt, das dem Vorhabensträger insoweit eingeräumte Wahlrecht aber außer Vollzug gesetzt. Eine ausreichend sichere Milderung eventueller erheblicher Beein­träch­ti­gungen der Bruthabitate ist nur gewährleistet, wenn die Schall­schutzwand sogleich errichtet wird. Dadurch wird auch der potentiell schädliche Lärm beim Bau der Bahntrasse gemindert. Mit der Schall­schutzwand kann nach den Schall­schutz­be­rech­nungen sichergestellt werden, dass sich die Lärmsituation im Vogel­schutz­gebiet gegenüber dem bisherigen Zustand im Ergebnis praktisch nicht verändert. Im zweiten Verfahren ging es um das Ausset­zungs­be­gehren des Eigentümers eines Wohngrundstücks im Stadtteil Voslapp, das ca. 1,8 km westlich des Neuen Voslapper Seedeichs und ca. 2,8 km vom westlichen Rand der geplanten Terminalfläche entfernt liegt. Wie viele weitere Mitglieder einer Bürge­r­i­n­i­tiative, die gegen den Planfest­stel­lungs­be­schluss klagen, machte er geltend, dass Vorhaben sei nicht dringlich. Ihm fehle die Rechtfertigung, weil die erklärten Ziele nicht erreicht würden. Nicht lösbar seien vor allem die sich in der Folge stellenden Verkehr­s­probleme auf Straße und Schiene. Die Grundstücke in Voslapp würden unnötig weiter an Wert verlieren und das Landschaftsbild negativ verändert. Vor allem werde es in der Kumulation von Betriebs- und Verkehrslärm zu unzumutbaren Beein­träch­ti­gungen kommen. Nicht bedacht worden sei schließlich, dass es infolge der geplanten Kaimauer zu einem Anstieg des Grund­was­ser­spiegels in Voslapp kommen werde, der die Nutzung der Häuser und Keller erheblich beeinträchtigen werde.

Das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht ist keiner dieser Einwendungen gefolgt und hat den Ausset­zungs­antrag als unbegründet abgelehnt. Insbesondere hat die Planfest­stel­lungs­behörde die Lärmsituation richtig beurteilt und auf dieser Basis zutreffend unzumutbare Beein­träch­ti­gungen verneint. Die für Wohngebiete wie das des Antragstellers geltenden Grenzwerte der Verkehrs­lärm­schutz­ver­ordnung und der TA Lärm werden nach allen Berechnungen deutlich unterschritten. Auch mit einer durch das Vorhaben verursachten Erhöhung des Grund­was­ser­spiegels ist nach den tatsächlichen Gegebenheiten nicht zu rechnen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OVG Niedersachsen vom 07.03.2008

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