15.11.2024
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Dokument-Nr. 2325

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Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Beschluss05.05.2006

Totalverbot einer recht­s­ex­tre­mis­tischen Versammlung in Göttingen ist unver­hält­nismäßig

Das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht hat das von der Stadt Göttingen verhängte Demon­s­tra­ti­o­ns­verbot von zwei Versammlungen (Kundgebungen und Demon­s­tra­ti­o­nszüge) recht­s­ex­tre­mis­tischer Veranstalter am 13. Mai 2006 als unver­hält­nismäßig bewertet.

Zulässig ist aber lediglich eine stationäre Versammlung auf dem Bahnhofs­vorplatz in der Zeit von 12.00 - 14.00 Uhr. Der Stadt Göttingen bleibt es vorbehalten, weitere von ihr für erforderlich gehaltene Auflagen für die Durchführung der Versammlung zu verfügen.

Das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht teilt zwar die Auffassung des Verwal­tungs­ge­richts, dass es für den Fall der Durchführung der Versammlung mit hoher Wahrschein­lichkeit zu schweren Gewalttaten durch Angehörige der linksautonomen Szene und damit zu Verletzungen der öffentlichen Sicherheit kommen wird. Auch stimmt es dessen Einschätzung zu, dass die Voraussetzungen des sog. polizeilichen Notstands auf der angemeldeten Aufzugsstrecke voraussichtlich erfüllt sind. Anders als das Verwal­tungs­gericht ist das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht aber der Auffassung, dass die Gefahren für die öffentliche Sicherheit durch Beschränkung der Versammlung auf eine stationäre Kundgebung sowie durch andere Auflagen erheblich verringert werden können, so dass das von der Stadt Göttingen verhängte vollständige Versamm­lungs­verbot mit Rücksicht auf die hohe Bedeutung des Grundrechts aus Art. 8 GG unver­hält­nismäßig ist.

Das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht verweist in seiner Begründung auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts, wonach die Annahme eines polizeilichen Notstands als Grundlage von Maßnahmen gegen die Ausgangs­de­mon­s­tration wegen erwarteter gewalttätiger Gegen­de­mon­s­tra­tionen nicht zur Folge haben darf, dass dadurch die Verwirklichung des Freiheitsrechts aus Art. 8 GG praktisch auf Dauer verhindert wird. Eine solche Situation, in der jede Absicht zur Durchführung recht­s­ex­tre­mis­tischer Demonstrationen mit Gegenaktionen gewaltbereiter Personen des linken politischen Spektrums beantwortet wird, ist in Göttingen gegeben. Ein Versamm­lungs­verbot scheidet deshalb aus, so lange das mildere Mittel der Erteilung von Auflagen nicht ausgeschöpft ist.

Nach der Einschätzung des Nieder­säch­sischen Oberver­wal­tungs­ge­richts ist weder eine Zusammenlegung der beiden angemeldeten Demonstrationen noch eine andere Streckenführung oder Verkürzung der Routen geeignet, den Gefahren für die öffentliche Sicherheit wirksam zu begegnen. Stattdessen kommt aber eine Beschränkung der beiden Versammlungen auf eine stationäre Kundgebung in Betracht. Der Beurteilung der Polizei­di­rektion Göttingen, dass in der Stadt Göttingen eigentlich kein geeigneter Platz für eine stationäre Versammlung vorhanden sei, ist das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht nicht gefolgt. Daran sieht es sich u.a. durch die Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts gehindert, weil dann rechtsextremistische Veranstalter auf nicht absehbare Zeit keine Chance hätten, in Göttingen Versammlungen durchzuführen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OVG Niedersachsen vom 05.05.2006

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