15.11.2024
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Sie sehen ein altes Ehepaar auf einer Parkbank.

Dokument-Nr. 31833

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Landessozialgericht Hessen Urteil22.02.2022

Unfall­ver­si­cherung muss posttrau­ma­tische Belas­tungs­störung als Unfallfolge anerkennenUnfallereignis war für Entstehung der PTBS wesentliche Ursache

Erleidet ein Bahnmitarbeiter eine posttrau­ma­tische Belas­tungs­störung, weil er unmittelbar den Suizid eines Reisenden miterleben muss, hat er einen Anspruch auf Leistungen seines gesetzlichen Unfall­ver­si­cherers. So entschied das Hessische Landes­so­zi­al­gericht.

Ein 52-jähriger Kunden­dienst­mi­t­a­r­beiter der Deutschen Bahn AG erteilte am Bahnsteig im Düsseldorfer Hauptbahnhof einem Mann Auskunft, der sich nach einem Zug erkundigte. Der Mann stieg jedoch nicht in den Zug ein, sondern rannte los. Nachdem der angefahrene Zug gestoppt hatte, fand der Mitarbeiter den zweigeteilten Leichnam. Nach einer kurzen Arbeits­un­fä­higkeit übte der Mitarbeiter seine Tätigkeit zunächst weiter aus, litt aber an Flash-backs, Albträumen und Schlafstörungen. Die ihn später behandelnden Fachärzte und Psycho­the­ra­peuten diagnos­ti­zierten eine posttrau­ma­tische Belas­tungs­störung (PTBS). Der mittlerweile voll erwer­bs­ge­minderte Versicherte aus dem Wetteraukreis beantragte gegenüber der Unfallversicherung Bund und Bahn die Anerkennung als Arbeitsunfall.

Unfall­ver­si­cherung sieht PTBS nicht als Folge des Unfall

Die Unfall­ver­si­cherung stellte als Unfallfolge lediglich eine vorübergehende akute Belas­tungs­re­aktion fest. Die aktuellen Beschwerden des Klägers seien unfal­lu­n­ab­hängig. Gegen eine PTBS als Folge des Unfalls spreche, dass der Versicherte zunächst lediglich zwei Wochen arbeitsunfähig gewesen sei und danach weiter­ge­ar­beitet habe. Eine fortlaufende Trauma­fol­ge­störung hätten die eingeholten Gutachten nicht ergeben. Auch habe der Versicherte weitere Schick­sals­schläge erlitten, die ebenfalls als Ursachen zu berücksichtigen seien. Der Versicherte erhob Klage und beantragte die Anerkennung einer PTBS als weitere Unfallfolge. Er befinde sich wegen der andauernden Erkrankung in psychiatrisch-psycho­the­ra­peu­tischer Behandlung.

PTBS als Unfallfolge anzuerkennen

Die Darmstädter Richter verurteilten die Unfall­ver­si­cherung, eine PTBS als weitere Unfallfolge anzuerkennen. Die Diagno­se­kri­terien einer PTBS seien erfüllt. Das Unfallereignis sei ein objektiv schwerwiegendes Ereignis. Flash-Backs und Albträume seien bestätigt. Auch vermeide der Versicherte inzwischen Reize, die mit dem traumatischen Erlebnis verbunden seien, insbesondere Bahnhöfe und Bahnsteige. Die PTBS hätte sich ohne das Unfallereignis nicht entwickelt. Den konkurrierenden Ursachen - Tod des Bruders und weitere Schick­sals­schläge - kämen keine überragende Bedeutung zu, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend dargelegt habe. Insbesondere sei der Bruder des Versicherten erst ein Jahr nach dem Arbeitsunfall gestorben. Danach habe sich das psychische Befinden des Versicherten nicht verschlechtert, so dass auch keine Verschiebung der Wesensgrundlage belegt sei. Mit dem Erleben des Gleissuizids hat sich ein vom Schutzzweck der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung umfasstes Risiko verwirklicht, welches die Entstehung der PTBS derart wesentlich geprägt hat, dass die übrigen in Persönlichkeit und Lebens­ge­schichte des Klägers begründeten Mitursachen als nicht überragend erscheinen.

Quelle: Landessozialgericht Hessen, ra-online (pm/ab)

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