18.10.2024
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Landessozialgericht Rheinland-Pfalz Urteil16.11.2016

Gewaltopfer hat keinen Anspruch auf AssistenzhundHund dient nicht der Sicherung des Erfolgs der Kranken­be­handlung

Eine aufgrund sexueller Angriffe im Jugendalter an einer posttrau­ma­tischen Belas­tungs­störung leidende Frau hat keinen Anspruch, als Entschädigung nach dem Opfer­entschädigungs­gesetz einen Assistenzhund zu erhalten. Dieser dient weder der Sicherung des Erfolgs der Kranken­be­handlung noch dem Behinderungs­ausgleich. Dies entschied das Landes­so­zi­al­gericht Rheinland-Pfalz.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Bei der 1969 geborenen Klägerin wurde als Schädi­gungsfolge nach dem Opferent­schä­di­gungs­gesetz eine "sonstige Reaktion auf schwere Belastung in Form psychoreaktiver Störung" festgestellt. Sie kaufte im Januar 2014 einen Flatdoodle zu einem Preis von rund 2.000 Euro netto, der sodann eine Spezi­a­l­aus­bildung zu einem Preis von ca. 1.000 Euro erhalten sollte. Durch die Spezi­a­l­aus­bildung sollte der Hund eigens für posttrau­ma­tische Belas­tungs­stö­rungen sensibilisiert werden und aufgrund der ihm vermittelten besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten dissoziative Momente durchbrechen, das emotionale Befinden stabilisieren und die Verankerung in der Gegenwart fördern können. Als emotionaler Schutz und Sicherheit im Alltag sollte er dazu beitragen, ihren ausgeprägten sozialen Rückzugs­ten­denzen entge­gen­zu­wirken.

SG bejaht Koste­n­er­stat­tungs­an­spruch

Der Antrag der Klägerin auf Erstattung der aufgewandten Kosten wurde abgelehnt; der Widerspruch hatte keinen Erfolg. Auf die hiergegen erhobene Klage verurteilte das Sozialgericht Mainz den beklagten Freistaat Bayern, die Kosten für den Assistenzhund zu erstatten. Die Klägerin habe Anspruch auf die Versorgung mit dem Hund als Hilfsmittel, da sie aus medizinischen Gründen hierauf angewiesen sei. Als Hilfsmittel komme auch der Assistenzhund, nicht nur ein Blindenführhund in Betracht.

Empfehlung des GBA zur Behandlung posttrau­ma­tischer Belas­tungs­stö­rungen unter Einsatz von Assistenzhunden liegt nicht vor

Auf die Berufung des Freistaats Bayern hat das Landes­so­zi­al­gericht Rheinland-Pfalz das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zwar habe die Klägerin grundsätzlich Anspruch auf die Versorgung mit Hilfsmitteln. Die Anspruchs­vor­aus­set­zungen seien jedoch im Einzelfall nicht erfüllt. Insbesondere diene der Hund vorliegend nicht der Sicherung des Erfolgs der Kranken­be­handlung. Bei der Traumatherapie mit einem Assistenzhund handele es sich um eine sogenannte neue Behandlungsmethode. Sei das Hilfsmittel untrennbar mit einer solchen speziellen Behand­lungs­methode verbunden, müsse die neue Behand­lungs­methode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) anerkannt werden. Dieser nehme eine Prüfung der Risiken und des diagnostischen sowie therapeutischen Nutzens vor. Eine Empfehlung durch den GBA liege mit Blick auf die Behandlung posttrau­ma­tischer Belas­tungs­stö­rungen unter Einsatz von Assistenzhunden indes nicht vor. Der Hund könne vorliegend auch nicht unter dem Aspekt des mittelbaren Behin­de­rungs­aus­gleichs beansprucht werden. Dies sei nur dann der Fall, wenn durch den Hund ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens befriedigt werde, etwa die Mobilität im Nahbereich der Wohnung ermöglicht werde. Die Klägerin könne diesen Bereich aber auch ohne den Hund aufsuchen. Das Ergebnis, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten habe, sei auch nicht unter Berück­sich­tigung von Art. 20 der UN-Behin­der­ten­kon­vention zu korrigieren. Dieser lasse sich zum einen ein konkreter Anspruch nicht entnehmen, zum anderen laufe das vorliegende Ergebnis der Wertung der UN-Behin­der­ten­kon­vention nicht zuwider. Diese verlange nicht, dass Versicherte ungeprüften Risiken und Nutzen auszusetzen wären.

Quelle: Landessozialgericht Rheinland-Pfalz/ra-online

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