21.11.2024
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Dokument-Nr. 8140

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Urteil25.05.2009Landessozialgericht Nordrhein-WestfalenL 20 SO 54/07
Vorinstanz:
  • Sozialgericht Dortmund, Urteil14.06.2009, S 41 (30) SO 343/05
ergänzende Informationen

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Urteil25.05.2009

Schuld­ner­be­ratung für Erwerbstätige: ARGE kann zur Kostentragung verpflichtet seinKostenübernahme soll Verlust der Erwer­b­s­tä­tigkeit und Eintreten von Hilfe­be­dürf­tigkeit verhindern

Wer wegen Schulden seine Arbeit zu verlieren droht, kann gegen den zuständigen Träger der Grundsicherung (hier: ARGE) einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Schuld­ner­be­ratung haben. Das hat das Landes­so­zi­al­gericht Nordrhein-Westfalen entschieden.

Die Essener Richter gaben damit einer 42jährigen aus Siegen Recht, deren inzwischen verstorbener Vater sie durch Immobi­li­en­ge­schäfte in ihrem Namen mit erheblichen Schulden belastet hatte. Sie hatte unter dem Druck der Schulden (Lohnpfändungen, drohender Verlust des Girokontos) und einer anstrengenden Akkordarbeit vorbeugend die Hilfe einer Schuld­ner­be­ratung in Anspruch genommen. Die Kosten in Höhe von 225 Euro für die fünfstündige Beratung hatte sie zunächst vom Träger der Sozialhilfe und später auch von der ARGE erstattet verlangt.

Vorbeugende Schuld­ner­be­ratung darf nicht verwehrt werden

Den Anspruch der Klägerin gegen den Sozia­l­hil­fe­träger lehnten die Essener Richter zwar ab, weil die erwerbsfähige Klägerin keine Sozia­l­hil­fe­leis­tungen verlangen könne; sie sahen aber eine mögliche Zahlungspflicht der ARGE. Nach Ansicht des LSG NRW sieht das Sozial­ge­setzbuch II (SGB II) nach seinen Grundgedanken und Zielen auch die Gewährung von Hilfen an noch Erwerbstätige durch die ARGE vor, um schon den Verlust der Erwer­b­s­tä­tigkeit und das Eintreten von Hilfe­be­dürf­tigkeit - insbesondere in Form fehlender Eigensicherung des Lebens­un­terhalts - zu vermeiden. Der Anwen­dungs­bereich der Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB II (seit 1.1.2009: § 16 a SGB II) über die Gewährung von Schuld­ner­be­ratung sei deswegen nicht auf bereits Hilfebedürftige im Sinne des SGB II beschränkt. Das Gesetz müsse vielmehr auf Menschen, denen Hilfe­be­dürf­tigkeit nur drohe, entsprechend angewandt werden. Die Neufassung des früheren Bundes­so­zi­a­l­hil­fe­ge­setzes und des darin enthaltenen Anspruchs auf vorbeugende Schuld­ner­be­ratung habe zu Regelungslücken und Ungereimtheiten geführt. Dies, so die Essener Richter, dürfe aber nicht zu Lasten der Betroffenen gehen und dazu führen, dass der erwerbstätigen Klägerin ein Anspruch auf Koste­n­er­stattung für die dringend benötigte vorbeugende Schuld­ner­be­ratung generell verwehrt werde. Vielmehr habe der Gesetzgeber die vorbeugende Schuld­ner­be­ratung weiterhin für geboten gehalten und sie in § 11 Abs. 5 Satz 3 des Zwölften Sozial­ge­setz­buches - SGB XII - für Sozia­l­hil­fe­emp­fänger auch ausdrücklich geregelt. Dieser Rechtsgedanke sei wegen der vergleichbaren Interessenlage auf das SGB II und damit auf den Anspruch der Klägerin nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB II zu übertragen.

Mit dem Urteil verpflichteten die Essener Richter die zuständige ARGE, den Anspruch der Klägerin neu zu prüfen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 13.07.2009

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