21.11.2024
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Dokument-Nr. 335

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Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Entscheidung26.08.2004

Krankengeld trotz verspäteter Meldung

Auch wenn der behandelnde Arzt dem Versicherten die für die Krankenkasse bestimmte Arbeits­un­fä­higkeits- (AU-) Bescheinigung mit der Bitte um Weiterleitung aushändigt, entbindet ihn dies nicht von der eigenen Mittei­lungs­ver­pflichtung. Trotz verspäteten Eingangs der AU-Bescheinigung bei der Krankenkasse bleibt daher der Anspruch des Versicherten auf Krankengeld erhalten (Urteil des 16. Senat des Landes­so­zi­al­ge­richts Nordrhein-Westfalen vom 26.08.2004, Az.: L 16 KR 324/03).

Der 1958 geborene Kläger, wohnhaft in Gelsenkirchen, der bei der beklagten Krankenkasse pflicht­ver­sichert war, erkrankte in der Zeit vom 03.06. bis zum 18.06.2002 arbeitsunfähig. Die für die Krankenkasse bestimmten AU-Bescheinigungen vom 03.06.2002 (Erstbe­schei­nigung) und 11.06.2002 (Folge­be­schei­nigung), die der Kläger von seinem behandelnden Arzt erhalten hatte, gingen nicht bei dieser ein. Es ließ sich nicht klären, ob sie auf dem Postweg verloren gegangen oder gar nicht abgeschickt worden waren. Kenntnis von der AU erhielt die Krankenkasse über ein Fax des Arbeitgebers des Klägers vom 17.06.2002. Erst von diesem Zeitpunkt an bewilligte die Beklagte Krankengeld. Da der Kläger ihr das Bestehen von AU nicht früher, spätestens eine Woche nach deren Beginn, mitgeteilt habe, ruhe für den davorliegenden Zeitraum der Anspruch.

Mit dem o. g. Urteil bestätigte der 16. Senat des LSG NRW die erstinstanzlich ausgesprochene Verurteilung der beklagten Krankenkasse zur Zahlung von Krankengeld auch vor dem 17.06.2002. Der Anspruch habe nicht geruht; denn der verspätete Eingang der AU-Bescheinigung beruhe auf Umständen, die der Beklagten und nicht dem Versicherten zurechenbar seien. Für das Lohnfort­zah­lungs­gesetz (LFZG), das bis Ende 1994 galt, war anerkannt, dass die Feststellung und Bescheinigung der AU durch den Kassenarzt Tätigkeiten im Rahmen der kassen­ärzt­lichen Versorgung darstellten, für die die Krankenkassen eine Mitver­ant­wortung trugen. Dem Versicherten war die Verpflichtung abgenommen, der Krankenkasse den Eintritt von AU zu melden. Vielmehr traf diese Verpflichtung ausschließlich den Kassenarzt. Das seit dem 01.01.1995 anwendbare Entgelt­fort­zah­lungs­gesetz (EFZG) hat daran nichts geändert. Nach wie vor ist der behandelnde Arzt verpflichtet, der zuständigen Krankenkasse unverzüglich eine Bescheinigung über die AU mit Angaben über den Befund und die voraus­sichtliche Dauer der AU zu übersenden. Eine weitere AU-Bescheinigung muss der Kassenarzt für den Arbeitgeber ausstellen. Dieses Exemplar enthält vordruckmäßig den Hinweis an den Arbeitgeber, dass der Arzt der Krankenkasse unverzüglich die AU-Bescheinigung übersenden werde. Das dem Versicherten ausgehändigte Exemplar für die Krankenkasse ist mit dem Hinweis versehen, dass bei verspäteter Meldung der Kranken­geld­verlust drohe. Seiner Verpflichtung kann sich der Vertragsarzt auch nicht dadurch entziehen, dass er die für die Krankenkasse bestimmte Bescheinigung dem Versicherten aushändigt, wie es im vorliegenden Fall geschehen war. Daher ist unbeachtlich, ob der Kläger erkannt hat oder hätte erkennen können, dass er die Krankenkasse unverzüglich hätte informieren sollen. Ein Versicherter mit Anspruch auf Entgelt­fort­zahlung hat angesichts der eindeutigen Gesetzeslage regelmäßig keine Veranlassung, sich darüber Gedanken zu machen, wie die Meldung an die Krankenkasse erfolgt und aus welchen Gründen er gleichwohl eine Bescheinigung für diese erhalten hat. Das Gesetz verpflichtet ihn ausschließlich zur Unterrichtung seines Arbeitgebers.

Quelle: Pressemitteilung des LSG Nordrhein-Westfalen

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