Dokument-Nr. 26301
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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Urteil05.07.2018
Trunkenheitsfahrt eines Berufskraftfahrers in der Freizeit stellt kein sozialwidriges Verhalten dar"Hartz IV"-Leistungen müssen nicht erstattet werden
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat entschieden, dass die Privatfahrt eines Berufskraftfahrers unter Alkoholeinfluss mit Verlust von Fahrerlaubnis und Arbeitsplatz keinen spezifischen Bezug zur Herbeiführung seiner Hilfebedürftigkeit hat. Sie löst deshalb keinen Kostenersatzanspruch des Jobcenters bei sozialwidrigem Verhalten aus.
Im zugrundeliegenden Verfahren wandte sich der damals 59-jährige Kläger gegen die Rückforderung von Grundsicherungsleistungen durch das Jobcenter. Der Kläger war als Kraftfahrer bei einer Spedition in Salzgitter beschäftigt. An einem Samstag feierte er die Geburt seines ersten Enkelkindes und trank dabei Alkohol. Als die Zigaretten ausgingen, wollte er mit seinem Pkw an einer Tankstelle neue besorgen und wurde von einer Polizeistreife angehalten. Die Polizei stellte einen Blutalkoholgehalt von mehr als 2,3 Promille fest. Der Kläger erhielt einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr mit einer Geldstrafe. Ihm wurde die Fahrerlaubnis entzogen, und die Verwaltungsbehörde wurde angewiesen, dem Kläger vor Ablauf von noch neun Monaten keine neue zu erteilen. Wegen des Entzugs der Fahrerlaubnis kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis. Im Anschluss bezog der Kläger aufstockende Grundsicherungsleistungen ("Hartz IV").
Jobcenter beanstandet sozialwidrig herbeigeführte Hilfebedürftigkeit
Das Jobcenter machte gegen den Kläger einen Ersatzanspruch in Höhe von rund 2.600 Euro geltend, weil der Kläger die Hilfebedürftigkeit sozialwidrig herbeigeführt habe. Durch eine besonders schwere Verletzung der beruflichen Sorgfaltspflichten habe er seinen Arbeitsplatz und damit das existenzsichernde Einkommen verloren.
LSG: Verhalten des Klägers ist nicht als sozialwidrig einzustufen
Dem ist das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen nicht gefolgt. Bei der Fahrt eines Berufskraftfahrers unter Alkoholeinfluss in der Freizeit bestehe grundsätzlich kein spezifischer Bezug zur Herbeiführung einer Hilfebedürftigkeit, wie er insbesondere bei der Verschwendung von Vermögen in Betracht komme. Deshalb stelle das Verhalten des Klägers zwar eine rechtlich zu missbilligende Tat dar. Es sei aber nicht als sozialwidrig einzustufen, so dass der Kläger die "Hartz IV"-Leistungen nicht zu erstatten habe. Das Gericht schloss sich dabei der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an, die eine Sozialwidrigkeit selbst bei Straftaten verneint, die absehbar zu einer Inhaftierung und damit zum Wegfall von Erwerbsmöglichkeiten führen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.08.2018
Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online
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