21.11.2024
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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Urteil05.07.2018

Trunken­heitsfahrt eines Berufs­kraft­fahrers in der Freizeit stellt kein sozialwidriges Verhalten dar"Hartz IV"-Leistungen müssen nicht erstattet werden

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat entschieden, dass die Privatfahrt eines Berufs­kraft­fahrers unter Alkoholeinfluss mit Verlust von Fahrerlaubnis und Arbeitsplatz keinen spezifischen Bezug zur Herbeiführung seiner Hilfe­be­dürf­tigkeit hat. Sie löst deshalb keinen Kosten­ersatz­anspruch des Jobcenters bei sozialwidrigem Verhalten aus.

Im zugrun­de­lie­genden Verfahren wandte sich der damals 59-jährige Kläger gegen die Rückforderung von Grund­si­che­rungs­leis­tungen durch das Jobcenter. Der Kläger war als Kraftfahrer bei einer Spedition in Salzgitter beschäftigt. An einem Samstag feierte er die Geburt seines ersten Enkelkindes und trank dabei Alkohol. Als die Zigaretten ausgingen, wollte er mit seinem Pkw an einer Tankstelle neue besorgen und wurde von einer Polizeistreife angehalten. Die Polizei stellte einen Bluta­l­ko­hol­gehalt von mehr als 2,3 Promille fest. Der Kläger erhielt einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr mit einer Geldstrafe. Ihm wurde die Fahrerlaubnis entzogen, und die Verwal­tungs­behörde wurde angewiesen, dem Kläger vor Ablauf von noch neun Monaten keine neue zu erteilen. Wegen des Entzugs der Fahrerlaubnis kündigte der Arbeitgeber das Arbeits­ver­hältnis. Im Anschluss bezog der Kläger aufstockende Grund­si­che­rungs­leis­tungen ("Hartz IV").

Jobcenter beanstandet sozialwidrig herbeigeführte Hilfe­be­dürf­tigkeit

Das Jobcenter machte gegen den Kläger einen Ersatzanspruch in Höhe von rund 2.600 Euro geltend, weil der Kläger die Hilfe­be­dürf­tigkeit sozialwidrig herbeigeführt habe. Durch eine besonders schwere Verletzung der beruflichen Sorgfalts­pflichten habe er seinen Arbeitsplatz und damit das existenz­si­chernde Einkommen verloren.

LSG: Verhalten des Klägers ist nicht als sozialwidrig einzustufen

Dem ist das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen nicht gefolgt. Bei der Fahrt eines Berufs­kraft­fahrers unter Alkoholeinfluss in der Freizeit bestehe grundsätzlich kein spezifischer Bezug zur Herbeiführung einer Hilfe­be­dürf­tigkeit, wie er insbesondere bei der Verschwendung von Vermögen in Betracht komme. Deshalb stelle das Verhalten des Klägers zwar eine rechtlich zu missbilligende Tat dar. Es sei aber nicht als sozialwidrig einzustufen, so dass der Kläger die "Hartz IV"-Leistungen nicht zu erstatten habe. Das Gericht schloss sich dabei der Rechtsprechung des Bundes­so­zi­al­ge­richts an, die eine Sozial­wid­rigkeit selbst bei Straftaten verneint, die absehbar zu einer Inhaftierung und damit zum Wegfall von Erwer­bs­mög­lich­keiten führen.

Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online

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