15.11.2024
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Sie sehen ein altes Ehepaar auf einer Parkbank.

Dokument-Nr. 14935

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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Urteil18.09.2012

Bei einer Geschäftsreise kann auch nach einem privaten Abendessen der Unfall­ver­si­che­rungs­schutz wieder auflebenPrivate Freizeitan­ge­le­gen­heiten sind bei mehrtägigen Geschäftsreisen nicht unüblich

Ein wenige Stunden dauerndes privates Treffen während einer mehrtägigen Geschäftsreise führt nicht dazu, dass der Versi­che­rungs­schutz in der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung endgültig verloren geht. Die im Anschluss an das Treffen angetretene Fahrt in das Übernach­tungshotel steht wieder unter dem Schutz der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung; ein Unfall kann als Arbeitsunfall angesehen werden. Dies hat das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen im Falle eines Innen­a­r­chi­tekten entschieden, der während einer Geschäftsreise nach einem privaten Abendessen einen Verkehrsunfall erlitten hat.

Im vorliegenden Fall hatte der damals als Innenarchitekt tätige Kläger für seinen Arbeitgeber, ein Unternehmen für Büroausstat­tungen, eine mehrtägige Geschäftsreise unternommen. Er war in einer Gaststätte in Edewecht (Landkreis Ammerland) untergebracht und hatte unter anderem einen Geschäftstermin in der Stadtverwaltung in Oldenburg wahrzunehmen. Nach der Besprechung in Oldenburg traf sich der Kläger mit seiner damaligen Freundin und späteren Ehefrau in einem Restaurant zum Abendessen. Auf dem Rückweg nach Edewecht wurde sein PKW auf der Landstraße von einer Windbö erfasst und prallte gegen einen Alleebaum. Der Kläger erlitt einen Zertrüm­me­rungsbruch des kleinen Beckens und eine Verrenkung der Hüfte.

Landes­so­zi­al­gericht sieht Arbeitsunfall

Das Landes­so­zi­al­gericht führte aus, dass der Unfall, den der Kläger auf der Landstraße zwischen Edewecht und Oldenburg erlitt, als Arbeitsunfall einzustufen sei. Die Rückfahrt zu dem Übernach­tungshotel habe nämlich in Zusammenhang mit der ausgeübten geschäftlichen Tätigkeit gestanden.

Am nächsten Tag waren weitere Geschäfts­termine geplant

Der Kläger habe sich wieder in das Hotel begeben, um an den nächsten Tagen weitere Geschäfts­termine in der Umgebung wahrzunehmen. Dem wenige Stunden andauernden Treffen mit der Verlobten käme im Verhältnis zu der Gesamt­ge­schäftsreise nur eine geringe Bedeutung zu, so dass der Versi­che­rungs­schutz für die Rückreise in das Übernach­tungshotel wieder gegeben war. Bei mehrtägigen Geschäftsreisen sei es üblich, sich nach Abschluss des Arbeitstages nicht sofort ins Übernach­tungshotel zu begeben, sondern den Abend gesellig oder mit Freizeit­ak­ti­vitäten (Besuche von Restaurants, Gaststätten, Kino, Theater, Sportstätten etc.) zu verbringen.

Landes­so­zi­al­gericht: Unfall­ver­si­che­rungs­schutz darf nicht unangemessen verkürzt werden

Es würde den Unfall­ver­si­che­rungs­schutz unangemessen verkürzen, wenn eine betrieblich veranlasste Fahrt (die Rückkehr ins Übernach­tungshotel nach einem Geschäftstermin) aufgrund einer kurzen privaten Aktivität nicht mehr erfasst wäre.

Auf das zeitliche Verhältnis zwischen geschäftlicher Tätigkeit und privater Tätigkeit kommt es an

Das Landes­so­zi­al­gericht hat weiter ausgeführt, dass bei der Gewichtung zwischen der betrieblichen und der privaten Tätigkeit sowohl auf das zeitliche Verhältnis als auch auf die Dauer der gesamten Geschäftsreise und der privaten Unterbrechung abzustellen sei. Bei mehrtägigen Geschäftsreisen könne eine private Unterbrechung von einigen Stunden oder sogar von mehr als einem Tag unschädlich sein. Allerdings bestehe auch bei Geschäftsreisen kein lückenloser Versi­che­rungs­schutz in der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung.

Quelle: ra-online, Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (pm/pt)

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