24.11.2024
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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Urteil17.09.2019

Krankenkasse muss Kosten für Anschaffung eines GPS-Alarmgeräts für geistig Behinderten mit Weglauftendenz übernehmenGerät ist als spezielles Hilfsmittel für Behinderte zu werten

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass eine fixierbare GPS-Uhr mit Alarmfunktion für einen geistig Behinderten mit Weglauftendenz ein Hilfsmittel zu Lasten der Gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung sein kann.

Dem Verfahren lag der Fall eines 19-jährigen Mannes aus der Nähe von Bremen zugrunde. Er leidet an einem Down-Syndrom mit geistiger Behinderung und Weglauftendenz. Sein behandelnder Arzt beantragte bei der Krankenkasse eine GPS-Notfalluhr, die Alarm auslöst sobald er einen definierten Aufent­halts­bereich verlässt. Die Uhr sei erforderlich, da er sich durch Orien­tie­rungs­lo­sigkeit selbst gefährde und in der Tages­för­de­rungs­stätte nicht ständig beaufsichtigt werden könne. Herkömmliche Notrufsysteme habe er bislang eigenständig entfernt; dieses Gerät könne jedoch an seinem Handgelenk fixiert werden.

Krankenkasse verneint Kostenübernahme

Die Krankenkasse hielt die Uhr für kein Mittel des Behin­de­rungs­aus­gleichs. Nach ihrer Ansicht seien Mechanismen wie abgeschlossene Türen und ständige Begleitung vorrangig. Das Gerät erleichtere auch nicht die Pflege, sondern diene der Patien­ten­über­wachung.

Gerät kann bei geistiger Behinderung Mobilität und Bewegungs­freiheit ermöglichen

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen gab der Klage statt und bewertete das Gerät als spezielles Hilfsmittel für Behinderte. Dabei hat es sich maßgeblich auf den neuen Behin­de­rungs­begriff gestützt, der das Ziel der gesell­schaft­lichen Teilhabe in den Vordergrund rückt. Durch das Gerät könnten die Folgen der geistigen Behinderung abgemildert werden indem Mobilität und Bewegungs­freiheit überhaupt erst ermöglicht würden. Anders als bei geistig gesunden Menschen sei in dieser Konstellation gerade keine Freiheits­ent­ziehung zu sehen. Denn die Selbst­be­stimmung der räumlichen Freiheit sei zwar durch die digitale Überwachung eingeschränkt, jedoch erlaube es die Ortungsfunktion des GPS-Systems überhaupt erst einen gewissen Bewegungsradius zu eröffnen, der ohne Ausrüstung mit einem GPS-System verwehrt sei. Unter den gegebenen Umständen führe die am Handgelenk fixierte GPS-Überwachung zu einer Reduzierung der bestehenden Isolation und Freiheits­ent­ziehung durch Wegsperren.

Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online (pm/kg)

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