18.10.2024
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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Beschluss05.12.2016

LSG Niedersachsen-Bremen zur Übernahme von Mietkosten im Stadtgebiet BremenZur Berechnung herangezogene Mietwert­er­hebung könnte sich als schlüssiges Konzept zur Festlegung von Mietobergrenzen erweisen

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen hat eine Entscheidung des Sozialgerichts Bremen aufgehoben, mit dem dieses im Rahmen eines Eilverfahrens das Jobcenter Bremen zur Übernahme von Wohnungs­beschaffungs- und Umzugskosten sowie einer Mietkaution als Leistungen nach dem SGB II für die von einer vierköpfigen Familie neu angemietete 75 m³ große Wohnung in Bremen verpflichtet hatte.

Das Landes­so­zi­al­gericht führte in seiner Entscheidung aus, dass im Rahmen des sozial­ge­richt­lichen Eilverfahrens die Übernahme der vollständigen Aufwendungen für eine Mietwohnung allenfalls dann in Betracht komme, wenn die zu zahlende Bruttokaltmiete die Obergrenze für einen Vier-Personen-Haushalt nach der Verwal­tungs­an­weisung der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen der Freien Hansestadt Bremen vom 1. Januar 2014 nicht überschreitet. Nach dieser Anweisung werden monatlich für eine vierköpfige Bedarfs­ge­mein­schaft Aufwendungen in Höhe von monatlich 620 Euro für die Bruttokaltmiete übernommen (zuzüglich eines Zuschlags für bestimmte Stadtteile Bremens in Höhe von 10 bis 20 %). Im Fall der Antragsteller lag die von ihnen aufzuwendende Bruttokaltmiete mit 760 Euro über der nach dem oben genannten Konzept maßgeblichen Mietobergrenze von 744 Euro (620 Euro zuzüglich eines Zuschlags von 20 % für den Stadtteil Schwachhausen).

Die Verwal­tungs­an­weisung beruht auf einer zuletzt im Oktober 2013 aktualisierten Mietwert­er­hebung des Hamburger Instituts "Analyse & Konzepte". Diese basiert auf einer Ermittlung von Angebotsmieten über einen Erhebungs­zeitraum vom 1. März bis zum 30. September 2013 und von Bestandsmieten für 44.807 Wohnungen (28 % des relevanten Mietwohn­be­standes in Bremen mit Stichtag 1. März 2010).

SG hält Daten der Verwal­tungs­an­weisung für nicht mehr aktuell

Das Sozialgericht hatte diese Daten als nicht mehr aktuell angesehen und deshalb ersatzweise die Höchstwerte nach § 12 des Wohngeld­ge­setzes (WoGG) zuzüglich eines nach der Rechtsprechung des Bundes­so­zi­al­ge­richts auf die alten Höchstwerte des WoGG zu gewährenden Sicher­heits­zu­schlags von 10 % herangezogen. Nach dem WoGG gilt seit dem 1. Januar 2016 in der für Bremen geltenden Mietenstufe IV für einen Vier-Personen-Haushalt eine Mietobergrenze von 730 Euro (vorher: 600 Euro).

LSG: Mietwert­er­hebung kann nicht als überholt angesehen werden

Dem ist das Landes­so­zi­al­gericht nicht gefolgt. Die Mietwert­er­hebung sei mangels belastbarer Anhaltspunkte für eine erhebliche Verteuerung von Wohnungen in dem von den Antragstellern benötigten Wohnungs­ma­rkt­segment noch nicht als überholt anzusehen, so das Landes­so­zi­al­gericht. Es sei deshalb nicht ausgeschlossen, dass die Erhebung sich in einem späteren Haupt­sa­che­ver­fahren als schlüssiges Konzept zur Festlegung von Mietobergrenzen im Sinne der Rechtsprechung des Bundes­so­zi­al­ge­richts erweise. Die bremische Senatorin für Soziales, Jugend und Integration habe zudem im Januar 2016 ein neues Fachgutachten zur Ermittlung von angemessenen Unter­kunfts­kosten in Auftrag gegeben.

Belege für Knappheit von kosten­an­ge­messenem Wohnraum liegen nicht vor

Das Landes­so­zi­al­gericht begründete seine Entscheidung im Weiteren damit, dass es nicht den bisherigen Erkenntnissen entspreche, dass es auf dem Wohnungsmarkt in Bremen nahezu überhaupt kein Angebot gebe, das den Anforderungen der senatorischen Verwal­tungs­an­weisung genüge. Entsprechende belastbare Belege für eine Knappheit von kosten­an­ge­messenem Wohnraum im Bremer Stadtgebiet lägen nicht vor. Die Antragsteller hätten zudem eine erfolglose Wohnungssuche nicht vorgetragen.

Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt nicht in Betracht

Vor diesem Hintergrund werde in allen Fällen, in denen die maßgebliche Obergrenze nach der Mietwert­er­hebung überschritten sei, der auf Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 4 S. 1 SGB II gerichtete Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht kommen.

Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online

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