21.11.2024
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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Urteil26.05.2020

LSG: Berufskleidung muss vom Jobcenter übernommen werdenAnschaf­fungs­kosten für schulische Berufskleidung sind nicht vom Regelbedarf gedeckt

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat erstmalig entschieden, dass Anschaf­fungs­kosten für Berufs­schul­kleidung vom Jobcenter vollständig zu übernehmen sind - unabhängig von der gesetzlichen Schul­bedarfs­pauschale.

Im vorliegenden Fall, klagte ein damals 17-jähriger Schüler aus Hannover, dessen Familie Hartz-IV-Leistungen bezieht. Er interessiere sich für den Kochberuf und brauchte zu Beginn der Berufs­ein­stiegs­schule eine Beklei­dungs­garnitur. Ein neues Set kostete 115 € von Mütze bis Schuh. Eine Leihe war nicht möglich. Den Kaufpreis wollte der Schüler erstattet haben, da er den zusätzlichen Bedarf nicht anders decken konnte.

Jobcenter lehnt Antrag ab und verweist auf erhaltene Pauschalbeträge

Das Jobcenter lehnte den Antrag ab und führte dazu aus, dass der junge Mann bereits Pauschalbeträge für den Schulbedarf erhalten habe. Hiervon seien sämtliche Gegenstände erfasst, die für den Schulbesuch erforderlich seien. Weitere Beihilfen seien gesetzlich nicht vorgesehen. Alles Weitere müsse aus dem Regelbedarf bestritten werden.

LSG verurteilt Jobcenter zur Übernahme der Kosten

Das LSG hat das Jobcenters zur Übernahme der Kosten verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Anschaffungskosten für schulische Berufskleidung nicht auskömmlich vom Regelbedarf gedeckt seien. Ein hilfe­be­dürftiger 17-Jähriger erhalte eine monatliche Regelleistung von 306 €. Davon ließen sich die Kosten nicht ansparen.

Berufskleidung nicht von Schul­be­da­rfs­pau­schale erfasst

Es liege daher eine offensichtliche und evidente Bedarfsunterdeckung vor, womit das menschenwürdige Existenzminimum nicht gewährleistet werde. Berufskleidung werde auch nicht von der Schulbedarfspauschale erfasst. Denn hierzu zählten nur persönliche Ausstattung wie Ranzen und Turnzeug sowie Gebrauchs­ma­terial zum Schreiben, Rechnen und Zeichnen. Die hiernach verbleibende Bedarfslücke sei durch eine verfas­sungs­konforme Auslegung des Gesetzes zu schließen. Denn der Gesetzgeber sei erkennbar gewillt gewesen, das Existenzminimum von Schülern zu decken. Da dies mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht möglich sei, müsse die Lücke vom Gericht geschlossen werden.

Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, ra-online (pm/ku)

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