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- Jobcenter muss erhöhte Mietkosten aufgrund von Sanktion gegen einen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden SGB II-Bezieher tragenBundessozialgericht, Urteil23.05.2013, B 4 AS 67/12 R
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Beschluss12.01.2015
Betroffener muss Hilfebedürftigkeit bei SGB II-Bezug nach einem Hausverkauf lückenlos offenlegenJobcenter ist bei irreführenden oder widersprüchlichen Angaben nicht zur Gewährung von Leistungen verpflichtet
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat die Gewährung von vorläufigen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) abgelehnt, weil sich das Gericht wegen unzureichender Angaben des Betroffenen kein hinreichend klares Bild über seine Einkommens- und Vermögenssituation verschaffen konnte.
Der Antragsteller des zugrunde liegenden Streitfalls ist selbständig tätig und gibt an, in seinem Unternehmen (Verkauf von Tennisartikeln und Besaiten von Tennisschlägern) keinen Gewinn zu erzielen. Erstmals hatte der Antragsteller im August 2013 die Gewährung von Grundsicherungsleistungen beantragt. Da er zu diesem Zeitpunkt noch Eigentümer eines als Vermögen anzurechnenden Einfamilienhauses war, wurde dieser Antrag abgelehnt. In der Folgezeit verkaufte der Antragsteller das Einfamilienhaus, ließ sich jedoch ein lebenslanges Wohnrecht an der in der ersten Etage gelegenen Zweizimmerwohnung einräumen. Den Kaufpreis in Höhe von 45.500 Euro erhielt er in drei Raten im Zeitraum von Dezember 2013 bis Februar 2014.
Antragsteller beantragt erneut Gewährung von Grundsicherungsleistungen
Im März 2014 beantragte der Antragsteller erneut die Gewährung von Grundsicherungsleistungen. Er gab u.a. an, er habe sich aus dem Erlös des Hausverkaufs ein Auto gekauft, sein Girokonto ausgeglichen und Schulden bezahlt und die Kosten eines Urlaubsaufenthaltes auf den Philippinen bestritten. Er habe auf den Philippinen geheiratet und die Hochzeit sowie die anschließende Hochzeitsreise finanziert. Inzwischen habe er wieder Schulden und stünde mit drei Monatsmieten im Rückstand.
Hilfebedürftigkeit nicht plausibel und glaubhaft dargelegt
Das Jobcenter hat auch den erneuten Leistungsantrag mit der Begründung abgelehnt, dass der Antragsteller nicht hilfebedürftig sei. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes diese Entscheidung sowie die Entscheidung des Sozialgerichts bestätigt und ausgeführt, dass der Antragsteller die Vortrags- und Beweislast dafür trage, dass ihm ein einmal zugeflossener Vermögenswert nicht mehr zur Verfügung stünde. Der Antragsteller habe bezüglich des Hausverkaufs sowie zum Erhalt und Verbrauch des Kaufpreises irreführende sowie unvollständige und widersprüchliche Angaben gemacht, und daher eine Hilfebedürftigkeit nicht plausibel bzw. glaubhaft gemacht. Dementsprechend sei das Jobcenter nicht verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig (d.h. für die Zeit des laufenden Verwaltungs- bzw. Klageverfahrens - sogenanntes Hauptsacheverfahren) Leistungen zu gewähren.
Antragsteller muss wirtschaftliche Verhältnisse lückenlos offenlegen
Das Landessozialgericht wies außerdem darauf hin, dass im Hauptsacheverfahren eine für den Antragsteller positive Entscheidung nur bei hinreichender Mitwirkung seinerseits im Sinne einer lückenlosen Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Betracht komme. Sollte sich hieraus eine Hilfebedürftigkeit ergeben, so sei zu prüfen, ob der Antragsteller diese Hilfebedürftigkeit durch sozialwidriges Verhalten (hier: Verwendung des Hauserlöses für zwei Asienreisen innerhalb weniger Monate; Finanzierung der Flitterwochen in einem Holiday-Resort auf den Philippinen) herbeigeführt und deshalb zum Ersatz der zu gewährenden Leistungen verpflichtet sei.
§ 60 ff. SGB I, § 34 SGB II - zitiert nach juris
Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil
§ 60 Angabe von Tatsachen
(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat
1. alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2. Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3. Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.
(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.
Grundsicherung
Grundsicherung für Arbeitsuchende'>
§ 34 Ersatzansprüche bei sozialwidrigem Verhalten
(1) Wer nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch an sich oder an Personen, die mit ihr oder ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ohne wichtigen Grund herbeigeführt hat, ist zum Ersatz der deswegen gezahlten Leistungen verpflichtet.
Der Ersatzanspruch umfasst auch die geleisteten Beiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung.
Von der Geltendmachung des Ersatzanspruchs ist abzusehen, soweit sie eine Härte bedeuten würde.
(2) Eine nach Absatz 1 eingetretene Verpflichtung zum Ersatz der Leistungen geht auf den Erben über.
Sie ist auf den Nachlasswert zum Zeitpunkt des Erbfalls begrenzt.
(3) Der Ersatzanspruch erlischt drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Leistung erbracht worden ist.
Die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten sinngemäß; der Erhebung der Klage steht der Erlass eines Leistungsbescheides gleich.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.03.2015
Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online
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