Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Beschluss28.02.2013
Novartis Pharma GmbH unterliegt im Eilverfahren um Nutzenbewertung von ArzneimittelnEinleitung der Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nicht willkürlich
Der Eilantrag der Novartis Pharma GmbH im Streit mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) um die Nutzenbewertung der von Novartis vertriebenen Gliptine ist abzulehnen. Widerspruch bzw. Klage gegen die Veranlassung der Nutzenbewertung bzw. die Aufforderung, ein Dossier einzureichen, entfaltet keine aufschiebende Wirkung. Dies geht aus einer Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg hervor.
Dem vorzuliegenden Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Mit dem "Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung" vom 22. Dezember 2010 ist dem GBA auch die Aufgabe zugefallen, den Nutzen von bereits zugelassenen und im Verkehr befindlichen Arzneimitteln zu bewerten ("Bestandsmarkt", § 35 a Abs. 6 SGB V). Im Zuge dessen beschloss der GBA im Juni 2012, eine Nutzenbewertung für von Novartis vertriebene Gliptine (zur Behandlung von Diabetes mellitus) zu veranlassen. Novartis wurde aufgefordert, spätestens bis zum 31. Dezember 2012 ein Dossier für die betroffenen Arzneimittel vorzulegen. Die hiergegen von Novartis eingelegten Widersprüche hielt der GBA für unstatthaft. Im Dezember 2012 hat Novartis zwei Klagen bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingereicht, die sich gegen die Veranlassung der Nutzenbewertung bzw. die Aufforderung zur Einreichung des Dossiers richten (Az. L 7 KA 105/12 KL und L 7 KA 112/12 KL).
Eilantrag soll Nutzenbewertungsverfahren aufhalten
Am 5. Dezember 2012 hat Novartis die Gewährung von Eilrechtsschutz beantragt. Der Eilantrag zielte auf die aufschiebende Wirkung von Widerspruch bzw. Klage und damit letztlich darauf, das Verfahren der Nutzenbewertung, das gegebenenfalls in Maßnahmen der Preisgestaltung nach § 130 b SGB V mündet, aufzuhalten.
Gericht verlängerte Frist zur Einreichung des Dossiers
Zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit "Zwischenverfügung" vom 20. Dezember 2012 die Frist zur Übermittlung eines Dossiers zur Nutzenbewertung bis zum 31. März 2013 verlängert. Entgegen anders lautender, unzutreffender Presseverlautbarungen (z.B. FAZ vom 11. Februar 2013: "Gericht stoppt Senkung von Arzneikosten"; "Das Gericht gab einem Eilantrag des Pharmakonzerns Novartis statt.") diente dieser Aufschub lediglich dazu, dem Gericht ausreichende Zeit für eine sachgerechte Entscheidung über die komplexe Materie zu verschaffen, die außerdem am 30. Januar 2013 in einem nicht öffentlichen Termin vom Gericht mit den Beteiligten erörtert wurde.
Widerspruch bzw. Klage gegen Nutzenbewertungsverfahren entfalten keine aufschiebende Wirkung
Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat den Eilantrag abgelehnt. Zu klären war lediglich die Frage, ob Widerspruch bzw. Klage gegen die Veranlassung der Nutzenbewertung bzw. die Aufforderung, ein Dossier einzureichen, aufschiebende Wirkung entfalten. Dies hat das Gericht verneint. Nach dem Verfahrensrecht entfalteten ein Widerspruch oder eine Klage nämlich nur dann "aufschiebende Wirkung", wenn sie sich gegen einen "Verwaltungsakt" im Rechtssinne richteten. Einen solchen vermochte das Gericht in den angegriffenen bloßen Verfahrenshandlungen des GBA nicht zu erkennen.
Veranlassung der Nutzenbewertung durch den GBA erscheint nicht willkürlich
Die Entscheidung enthält keine Aussage zur Rechtmäßigkeit der Veranlassung der Nutzenbewertung der von Novartis vertriebenen Gliptine; allerdings hat das Gericht auch betont, dass die Einleitung der Bestandsmarkt-Nutzenbewertung durch den GBA angesichts der erheblichen Versorgungsrelevanz der Gliptine jedenfalls nicht willkürlich erscheine.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.03.2013
Quelle: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg/ra-online