Dokument-Nr. 825
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Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss01.08.2005
Arbeitslosengeld II: Eigenheimzulage kein anrechenbares Einkommen, selbstbewohnte Eigentumswohnung nicht unangemessen, PKW unter 10.000 EUR noch angemessenEinkommens- und Vermögensanrechnung bei Arbeitslosengeld II-Beziehern
Die Eigenheimzulage ist kein anrechenbares Einkommen; eine selbstbewohnte Eigentumswohnung mit 120 qm ist grundsätzlich nicht unangemessen; Pkw mit Wert unter 10.000 Euro noch angemessen.
Der 7. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg hat in einem konkreten Fall den Leistungsträger mit einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, Arbeitslosengeld II ohne Anrechnung eigenen verwertbaren Vermögens oder Einkommens zu gewähren. Dabei hat er zu bundesweit streitigen und höchstrichterlich noch nicht geklärten Rechtsfragen der Einkommens- und Vermögensanrechnung bei der Gewährung von Arbeitslosengeld II Stellung genommen.
Die Antragstellerin lebt mit ihrem 16-jährigen Sohn in einer 1999 erworbenen Eigentumswohnung. Sie bezog bis Januar 2005 Arbeitslosengeld. Nach Erschöpfung des Anspruchs beantragte sie Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch II. Die Gewährung von Arbeitslosengeld II lehnte der angegangene Leistungsträger ab. Nachdem der hiergegen eingelegte Widerspruch erfolglos geblieben war, erhob die Antragstellerin Klage und beantragte beim Sozialgericht zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Das Sozialgericht verpflichtete den Leistungsträger im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, bis zum Abschluss des Klageverfahrens Arbeitslosengeld II zu gewähren.
Die Antragstellerin hat sich mit der Beschwerde gegen diesen Beschluss gewandt, vor allem weil die ihr gewährte Eigenheimzulage anspruchsmindernd berücksichtigt worden ist. Auch der Antragsgegner, der Leistungsträger, hat Beschwerde eingelegt, denn die Antragstellerin verfüge noch über einen Pkw mit einem Zeitwert von 9786 Euro, der die Grenze von 5000 Euro eines noch angemessenen Pkw übersteige. Außerdem müsse die Antragstellerin ihre Eigentumswohnung verkaufen, da diese nach den Richtlinien des Landkreis- und Städtetages eine für eine vierköpfige Familie gedachte Grundfläche von 120 qm habe. Bei einem zweiköpfigen Haushalt seien nur 80 qm angemessen.
Der 7. Senat hat der Beschwerde der Antragstellerin weitgehend stattgegeben. Die von der Antragstellerin und ihrem Sohn bewohnte Eigentumswohnung müsse nicht zur Bedarfsdeckung verkauft werden. Ein selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe gehöre zum sogenannten Schonvermögen. Auf den Wert des Hausgrundstückes komme es nicht an. Auch sei die Eigentumswohnung nicht unangemessen groß. Nach dem zwischenzeitlich außer Kraft getretenen 2. Wohnungsbaugesetz seien Eigentumswohnungen bis zu 120 qm mit öffentlichen Mitteln gefördert und daher als angemessen angesehen worden. Eine Reduzierung der Wohnfläche ergebe sich aus dessen Vorschriften nicht. Die Verwertung des vorhandenen Pkw, der die vom Leistungsträger angegebene Wertgrenze von 5.000 Euro übersteige, könne nicht gefordert werden. Fahrzeuge bis zu einem Wert von unter 10.000 Euro seien nicht unangemessen. Gerade im ländlichen Bereich sei der Arbeitslose bei der vom Gesetz betonten Eigenverantwortung und dem Grundsatz des Forderns der Arbeitssuche auf ein Kraftfahrzeug angewiesen. Fahrzeuge mit äußerst geringem Wert seien i. d. R. ältere und damit reparaturanfällige Modelle. Auch die der Klägerin gewährte Eigenheimzulage dürfe nicht als berücksichtigungsfähiges Einkommen angerechnet werden. Nach dem alten Sozialhilferecht sei dies nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anders gewesen. Bei der geänderten Rechtslage gehöre die Eigenheimzulage aber als einer anderen Zweckbestimmung als die Leistungen nach dem SGB II unterliegende Einnahme nicht mehr zum anrechenbaren Einkommen. Sie diene nach dem Eigenheimzulagengesetz der Schaffung von Wohnraum für bestimmte Bevölkerungsschichten und nicht der Sicherung der Wohnung als Lebensmittelpunkt, wie die Unterhaltssicherung nach dem Sozialgesetzbuch II. Werde die Eigenheimzulage, wie im vorliegenden Fall, tatsächlich für den vorgesehenen Zweck, hier für eine Dachsanierung, verwendet, dürfe eine fiktive Anrechnung der Einmalzahlung auf die im entsprechenden Jahr anfallenden Folgemonate nicht erfolgen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.08.2005
Quelle: Pressemitteilung des LSG Baden-Württemberg vom 03.08.2005
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