21.11.2024
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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil14.09.2023

Trotz Vorliegen einer Notwehrlage besteht kein Anspruch auf Opferent­schä­digung bei leichtfertiger Selbst­ge­fährdungEntgegenstellen eines erkennbar aggressiven und bewaffneten Mannes als leichtfertige Selbst­ge­fährdung

Bei Vorliegen einer leichtfertigen Selbst­ge­fährdung besteht gemäß § 2 Abs. 1 OEG kein Anspruch auf eine Opferent­schä­digung. Dabei ist unerheblich, ob ein Notwehrrecht besteht. Wer alleine bei Nacht die geschützte Wohnung verlässt, um sich einem aggressiven und bewaffneten Mann entge­gen­zu­stellen, handelt leichtfertig. Dies hat das Landes­so­zi­al­gericht Baden-Württemberg entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall klagte im Jahr 2022 eine 53-jährige Frau vor dem Sozialgericht Karlsruhe auf Zahlung einer Opferentschädigung. Hintergrund dessen war ein Vorfall in einer Nacht im Juli 2019. Die Klägerin befand sich in ihrer Erdge­schoss­wohnung als sie draußen auf der Terrasse Geräusche wahrnahm. Sie öffnete daraufhin die Rollläden und sah einen Mann. Sie öffnete die Terrassentür und fragte dem Mann, was er auf der Terrasse zu suchen habe. Sie bemerkte dabei, dass der Mann wohl betrunken war und einen großen Schraubenzieher in der Hand hielt. Der Mann antwortete etwas wütend in fremder Sprache und fing an, mit dem Schraubenzieher wild in einem Blumentopf hineinzustechen. Die Klägerin bekam dadurch Angst und schloss die Terrassentür wieder. Da der Mann nachfolgend anfing mit dem Schraubenzieher auf das Fenster einzustechen und die Klägerin befürchtete, das Glas könne zerbrechen, bewaffnete sie sich mit einem Besenstiel und trat wieder auf die Terrasse. Es kam nachfolgend zu einer Ausein­an­der­setzung, bei der die Klägerin durch den Schraubenzieher und eine Wodkaflasche verletzt wurde. Die Klägerin litt seit dem Vorfall an einer posttrau­ma­tischen Belas­tungs­störung.

Sozialgericht wies Klage ab

Das Sozialgericht Karlsruhe warf der Klägerin ein grob vernunft­wi­driges Verhalten vor und wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung der Klägerin.

Landes­so­zi­al­gericht verneint ebenfalls Anspruch auf Opferent­schä­digung

Das Landes­so­zi­al­gericht Baden-Württemberg bestätigte die Entscheidung des Sozialgerichts. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Opferent­schä­digung zu. Denn sie habe leichtfertig sich selbst gefährdet, was gemäß § 2 Abs. 1 OEG zum Ausschluss des Anspruchs führe. Dem stehe nicht entgegen, dass eventuell eine Notwehrlage vorgelegen habe. Denn das Notwehrrecht und die Leistungs­ver­sagung aufgrund leichtfertiger Selbstgefährdung haben verschiedene Intentionen. Allein weil ein Handeln in Notwehr erfolgte, werden keine Ansprüche auf Opferent­schä­digung begründet.

Vorliegen einer leichtfertigen Selbst­ge­fährdung

Die Klägerin habe leichtfertig sich selbst gefährdet, so das Landes­so­zi­al­gericht, als sie ohne Not die geschützte Wohnung verließ. Es sei für die Klägerin erkennbar gewesen, dass der Mann aggressiv und mit einem Schraubenzieher bewaffnet war. Anstatt sich zu sichern, nämlich die Rollläden wieder herunter zu lassen, und Hilfe zu holen, habe sie sich dem Mann entge­gen­ge­stellt und damit in hohem Maße vernunftwidrig gehandelt.

Quelle: Landessozialgericht Baden-Württemberg, ra-online (vt/rb)

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