15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen ein altes Ehepaar auf einer Parkbank.
ergänzende Informationen

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil26.10.2016

Zeuge tödlicher Schießerei hat keinen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherungAktive Hilfeleistung des Versicherten bei Polizeieinsatz nicht nachweisbar

Wer bei einer Schießerei lediglich anwesend ist ohne Hilfe zu leisten, erhält keine Leistungen aus der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung. Dies entschied das Landes­so­zi­al­gericht Baden-Württemberg.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Am 4. Juli 2012 erschossen Streifenbeamte der Polizei beim Versuch einer Festnahme einen mit einem größeren Messer bewaffneten Mann, der kurz zuvor zwei Frauen in einem Café angegriffen hatte. Der dramatische Vorfall ereignete sich mitten auf dem Marktplatz der Altstadt von Wiesloch (Rhein-Neckar-Kreis) und wurde von etlichen Zeugen beobachtet. Einer der Zeugen meldete sich im August 2012 bei der Unfallkasse Baden-Württemberg und brachte vor, dass er mitgeholfen habe, den Täter zu verfolgen und andere Passanten zu warnen und dann den Schusswechsel habe beobachten müssen. Er legte ein ärztliches Attest vor, in dem der Verdacht auf eine posttrau­ma­tische Belas­tungs­störung geäußert wurde.

Unfallkasse verneint Vorliegen eines Versi­che­rungsfalls

Die Unfallkasse Baden-Württemberg lehnte die Anerkennung eines Versi­che­rungs­falles ab. In den Akten der Staats­an­walt­schaft sei der Kläger nur einmal kurz erwähnt. Aktive Handlungen von ihm zugunsten anderer Personen seien nicht ersichtlich.

Sozialgericht hält Schilderung des Klägers zum Tathergang für glaubhaft

Das Sozialgericht Mannheim gab dem Kläger in erster Instanz Recht. Seine Schilderung, den Täter verfolgt zu haben, um Dritten zu helfen, sei glaubhaft, weshalb die Beobachtung des Schusswechsels während der Hilfeleistung gesetzlich unfall­ver­sichert gewesen sei.

Kläger hat selbst keinen aktiven Beitrag bei Verfolgung des Täters erbracht

Auf die Berufung der Unfallkasse hob das Landes­so­zi­al­gericht Baden-Württemberg die das Urteil des Sozialgerichts auf. Zwar stehe eine Hilfeleistung unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Nach der Auswertung der Ermitt­lungsakten und den dort enthaltenen Zeugen­ver­neh­mungen habe der Kläger aber selbst keinen aktiven Beitrag erbracht, sondern sei zusammen mit mehreren Personen dem Täter lediglich hinterher gelaufen, ohne ihn aktiv zu verfolgen, so das Gericht. Andere Zeugen hätten dagegen den Täter aktiv verfolgt und Passanten aus dem Gefahrenbereich verbracht. Nachgewiesen sei lediglich, dass der Kläger sich in etwa 20m Abstand zu den Vorgängen befunden habe und auch nicht habe hören können, was die bereits anwesenden Polizeibeamten mit dem Täter gesprochen haben. Eine Hilfeleistung könne daher nicht nachgewiesen werden.

Erläuterungen

Sozial­ge­setzbuch (SGB) VII (Gesetzliche Unfall­ver­si­cherung)

§ 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII:

Kraft Gesetzes sind versichert Personen, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten.

Quelle: Landessozialgericht Baden-Württemberg/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil23386

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI