18.10.2024
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Dokument-Nr. 23262

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Landgericht Tübingen Beschluss19.09.2016

Vollstreckung nicht gezahlter Rundfunk­beiträge scheitert wegen fehlender Zustellung der Fest­setzungs­bescheideKeine Anwendbarkeit der Regelung zur Zugangs­ver­mutung in Verwaltungs­verfahrens­gesetz des Landes Baden-Württemberg

Versucht der Südwestrundfunk nicht gezahlte Rundfunk­beiträge zu vollstrecken, setzt dies die Zustellung des Fest­setzungs­bescheides an den Schuldner voraus. In diesem Zusammenhang kann sich der Südwestrundfunk nicht auf die Zugangs­ver­mutung des § 41 Abs. 2 des Verwaltungs­verfahrens­gesetzes des Landes Baden-Württemberg (VwVfG BW) berufen, da eine Anwendung gemäß § 2 Abs. 1 LVwVfG BW ausgeschlossen ist. Die Aufgabe des Bescheides zur Post genügt daher nicht, eine Zustellung beim Schuldner nachzuweisen. Dies hat das Landgericht Tübingen entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall sollte der Schuldner von Rundfunk­bei­trägen in Höhe von fast 573,00 EUR eine Vermö­gens­auskunft abgegeben. Hintergrund dessen war ein Vollstre­ckungs­er­suchen des Südwe­strund­funkes. Der Schuldner weigerte sich der Ladung des Gerichts­voll­ziehers Folge zu leisten. Er gab an, die Festset­zungs­be­scheide nie erhalten zu haben und legte Erinnerung ein. Der Südwestrundfunk führte aus, die Bescheide zur Post gegeben zu haben. Somit greife die Zugangs­ver­mutung nach § 41 Abs. 2 VwVfG BW. Das Amtsgericht Bad Urbach folgte den Ausführungen des Südwe­strundfunks und wies die Erinnerung des Schuldners zurück. Dagegen richtete sich die Beschwerde des Schuldners.

Unzulässiger Vollstre­ckungs­versuch aufgrund fehlender Zustellung der Bescheide

Das Landgericht Tübingen entschied zu Gunsten des Schuldners und hob daher die Entscheidung des Amtsgerichts auf. Es habe an der Erfüllung der vollstre­ckungs­recht­lichen Voraussetzung der Zustellung der Bescheide gefehlt. Der Südwestrundfunk habe eine Zustellung nicht nachweisen können. Insbesondere habe er sich nicht auf die Zugangs­ver­mutung des § 41 Abs. 2 VwVfG BW berufen können. Denn die Vorschrift sei gemäß § 2 Abs. 1 VwVfG BW nicht anwendbar.

Kein Vorliegen einer gesetz­ge­be­rischen Unachtsamkeit

Der Ausschluss der Anwendung habe nach Auffassung des Landgerichts nicht auf eine gesetz­ge­be­rische Unachtsamkeit beruht. Vielmehr habe sich der Landes­ge­setzgeber bewusst für einen Ausschluss entschieden. Dies ergebe sich aus einem Vergleich der Verwal­tungs­ver­fah­rens­gesetze der Länder. So gebe es Länder, in denen im Rundfunk­bei­tragsrecht das Verwal­tungs­ver­fah­rens­gesetz des Landes ausnahmslos gelte. Demgegenüber gebe es Länder, in denen die Rundfunkanstalt bewusst ausgenommen sei. Schließlich verweisen manche Verwal­tungs­ver­fah­rens­gesetze auf das Verwal­tungs­ver­fah­rens­gesetz des Bundes. Daraus ergebe sich, dass es als bewusste Entscheidung des Gesetzgebers anzusehen sei, wenn das Verwal­tungs­ver­fah­rens­gesetz eines Landes ausgeschlossen werde.

Quelle: Landgericht Tübingen, ra-online (vt/rb)

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