Dokument-Nr. 17274
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- NJW-RR 1986, 1143Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 1986, Seite: 1143
Landgericht Schweinfurt Urteil04.06.1986
Streit unter Nachbarn: Grundstückseigentümer muss Gefahr von Dachlawinen beseitigenKeine Pflicht zur Duldung von Dachlawinen wegen nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses
Wird ein Grundstück durch Dachlawinen eines Nachbargrundstücks beeinträchtigt, so steht dem Grundstückseigentümer ein Abwehranspruch gegenüber den Nachbarn zu. Der Grundstückseigentümer ist nicht verpflichtet die Beeinträchtigung zu dulden, insbesondere nicht wegen dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Schweinfurt hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Grundstück wurde bei stärkeren Schneefällen immer wieder von Dachlawinen aufgrund eines an der Grundstücksgrenze stehenden Nachbarhauses in Mitleidenschaft gezogen. Es entstanden Sachschäden am Grundstück. Des Weiteren wurden Personen gefährdet. Der Grundstückseigentümer verlangte daher von seinem Nachbarn Maßnahmen zu ergreifen, um Dachlawinen zu verhindern. Da sich dieser weigerte dem nachzukommen, erhob der Grundstückseigentümer Klage.
Anspruch auf Abwehrmaßnahmen bestand
Das Landgericht Schweinfurt entschied zu Gunsten des Grundstückseigentümers. Diesem habe ein Abwehranspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen der Beeinträchtigung des Grundstücks durch die nachbarlichen Dachlawinen zugestanden. Der Nachbar sei für die Beeinträchtigung auch verantwortlich gewesen. Denn diese habe nicht nur auf das Wirken von Naturkräften beruht, sondern sei auch auf die Dachneigung zurückzuführen gewesen.
Keine Duldungspflicht des Grundstückseigentümers
Der Grundstückseigentümer sei nach Ansicht des Landgerichts zudem nicht verpflichtet gewesen die Beeinträchtigungen zu dulden. Eine solche Duldungspflicht habe sich zum einen nicht aus § 906 BGB ergeben, da diese Norm auf Dachlawinen nicht anzuwenden sei. Zum anderen habe sich die Pflicht zur Duldung auch nicht aus den Grundsätzen des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses ergeben.
Keine Anwendung der Grundsätze des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses
Die Rechte und Pflichten von Grundstücksnachbarn werden nach Einschätzung des Landgerichts durch die nachbarrechtlichen Gesetzesbestimmungen, insbesondere durch die §§ 905 ff. BGB, hinreichend bestimmt. Daher müsse der Rückgriff auf die Grundsätze des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses eine Ausnahme bleiben. Somit könne sich eine über § 906 BGB hinausreichende Duldungspflicht nur ergeben, wenn die Geltendmachung des Abwehranspruchs bei der unter Nachbarn gebotenen Rücksichtnahme auf die Interessen des anderen für den Störer grob unbillig und unzumutbar ist. Das Gericht konnte hier jedoch keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass die Durchsetzung des Abwehranspruchs für den Nachbarn völlig untragbar und wirtschaftlich unzumutbar war.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.02.2018
Quelle: Landgericht Schweinfurt, ra-online (zt/NJW-RR 1986, 1143/rb)
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