21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Landgericht Osnabrück Entscheidung10.02.2005

Kein Schadensersatz für Rettungsdienst bei grob fahrlässiger "Blaulichtfahrt"

Fahrer von Rettungs­diensten haben sich bei Rettungsfahrten grundsätzlich auch an Verkehrsregeln zu halten. Verstoßen Sie dagegen, kann dies einen Schadens­ersatz­anspruch verringern. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Landgerichts Osnabrück.

Im vorliegenden Fall führte ein Mitarbeiter der Klägerin, die einen Rettungsdienst betreibt, am 9. März 2004 mit einem Rettungs­fahrzeug der Klägerin, einem Daimler Chrysler Sprinter einen Einsatz von Dinklage nach Quakenbrück (Landkreis Osnabrück) durch. Der Zeuge näherte sich gegen 8.55 Uhr in Quakenbrück dem Kreuzungs­bereich Bürgerstraße/Minister-Karl-Möller-Straße mit eingeschaltetem Martinshorn und Blaulicht. Die Ampelanlage zeigte für ihn rot. Zur gleichen Zeit näherte sich auf der Bürgerstraße von links zunächst ein Postauto, das die Kreuzung überquerte. Dahinter fuhr die Beklagte. Auch sie beabsichtigte, die Kreuzung zu überqueren. Für sie zeigte die Ampelanlage grün. Im Kreuzungs­bereich kam es zu einer Kollision zwischen beiden Fahrzeugen.

Vorprozessual hatte die hinter der Beklagten stehende Versicherung unter Berück­sich­tigung einer Haftungsquote von 25 % einen Betrag von 9.575,61 Euro gezahlt. Mit der Klage verlangte die Klägerin Zahlung weiterer 37.429,54 Euro. Sie vertrat die Ansicht, die Beklagte hätte den Unfall allein verursacht. Ihr Fahrer hätte bei der Anfahrt auf die Kreuzung die Geschwindigkeit verringert, habe die Kreuzung eingesehen und festgestellt, dass der Verkehr zum Stehen gekommen sei. Sodann habe er beschleunigt und die Kreuzung überqueren wollen. Die Beklagte hat behauptet, der Fahrer sei mit unverminderter Geschwindigkeit in die Kreuzung hineingefahren.

Das Landgericht hat die Klage nach der Vernehmung des Fahrers und der Einholung eines Unfall­re­kon­struk­ti­o­ns­gut­achtens abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass Fahrer von Notarztwagen von der Einhaltung der Vorschriften der Straßen­ver­kehrs­ordnung (StVO) befreit seien. Sie dürften folglich bei rot in Kreuzungs­be­reiche einfahren. Dennoch behalte in solchen Situationen der nach der allgemeinen Regelung Vorfahrts­be­rechtigte - hier die bei Grünlicht fahrende Beklagte - grundsätzlich sein Vorfahrtsrecht. Dieses würde nur durch das Sonderrecht des Rettungsfahrers beschränkt.

Demnach dürften Fahrer von Rettungs­fahrzeuge das Vorfahrtsrecht anderer Verkehrs­teil­nehmer nur unter Anwendung größt­mög­lichster Sorgfalt mißachten. Die Vorrechte dürften erst ausgeübt werden, wenn der Fahrer sich vergewissert hätte, dass die anderen Verkehrs­teil­nehmer sein Vorrecht erkannt und sich auf die Durchfahrt des Einsatz­fahr­zeuges eingerichtet hätten. Ein Einsatzfahrer verhalte sich dagegen grob fahrlässig, wenn er mit überhöhter Geschwindigkeit in den Kreuzungs­bereich hineinfahre, obwohl er wegen Sicht­be­hin­derung nicht feststellen könne, ob die Signale des Einsatz­fahrzeugs von allen Verkehrs­teil­nehmern wahrgenommen und beachtet würden.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht zum einen zu der Erkenntnis gekommen, dass der Fahrer mit überhöhter Geschwindigkeit, ca. 57 km/h, in die Kreuzung eingefahren ist. Ein Abbremsen im Kreuzungs­bereich ist dabei offensichtlich nicht erfolgt. Der als Zeuge vernommene Fahrer hat dies gegenüber dem Gericht zwar so angegeben, diese Aussage konnte aber durch die Auswertung der Diagrammscheibe widerlegt werden.

Des weiteren waren die Sicht­ver­hältnisse an der Kreuzung aufgrund der Bebauung stark eingeschränkt. Die links einmündende Straße, aus der sich die Beklagte näherte, konnte der Fahrer des Rettungs­fahrzeugs erst beim Einfahren in den Kreuzungs­bereich einsehen.

Nach Auffassung des Gerichts hat der Fahrer insgesamt grob fahrlässig gehandelt. Dieser sei mit überhöhter Geschwindigkeit in den ausgesprochen unüber­sicht­lichen Kreuzungs­bereich hineingefahren, ohne sich vorher zu vergewissern, dass Verkehrs­teil­nehmer sein Vorrecht erkannt hatten. Hinzu käme noch, dass vor der Beklagten noch ein Postauto die Kreuzung überquert hatte. Schon dies hätte für den Zeugen Anlass sein müssen, darauf zu achten, ob noch weitere Verkehrs­teil­nehmer aus dieser Richtung kommen.

Ein schuldhafter Pflichtverstoß seitens der Beklagten konnte durch die Kammer dagegen nicht festgestellt werden. Der Sachverständige, der die Unfallstelle in Augenschein genommen hatte, hat gegenüber dem Gericht ausgeführt, dass ein auf der Ecke der Kreuzung stehendes Mehrfa­mi­li­enhaus für die Beklagte zum einen eine Sicht­be­hin­derung, gleichzeitig aber auch eine Schall­be­ein­träch­tigung darstellte. Deshalb konnte das Gericht nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgehen, dass die Beklagte das Martinshorn überhaupt wahrnehmen konnte, zumal eine unbeteiligte Unfallzeugin, die zu Fuß aus der gleichen Richtung kam, wie die Beklagte, angegeben hat, sie habe auch kein Martinshorn gehört. Eine etwaige Mitverursachung an dem Unfall seitens der Beklagten sei deshalb unter Berück­sich­tigung der bereits vorprozessual geleisteten Zahlung ausreichend berücksichtigt.

Quelle: Pressemitteilung des LG Osnabrück vom 08.04.2005

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