15.11.2024
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Landgericht Nürnberg-Fürth Urteil08.02.2013

Antise­mi­tis­mus­vorwurf: Äußerungen eines Pastors zum Film "Wir weigern uns Feinde zu sein" vom Grundrecht auf Meinungs­freiheit gedecktBewertung stellt keine unzulässige Schmähkritik an Film oder Produzenten dar

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat einen Antrag der Produzentin des Films "Wir weigern uns Feinde zu sein" auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Mit dem Antrag sollte dem Vorwurf des Antisemitismus entgegen getreten werden, der von einem Pastor gegen den Film erhoben worden war.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls ist Produzentin des Films "Wir weigern uns Feinde zu sein". Der Film befasst sich mit dem Verhältnis von Israelis und Palästinensern und wird zum Einsatz in Schulen angeboten. Der Beklagte ist Pastor in Nürnberg und Mitglied eines Arbeitskreises, der sich um die Aussöhnung von Christen und Juden bemüht. Er hatte in einer E-Mail Bedenken gegen den Einsatz des Films im Schulunterricht geäußert. Die E-Mail war unter anderem an den Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde in Nürnberg gerichtet, wurde in Kopie aber auch dem für Schulen zuständigen Bürgermeister der Stadt Nürnberg zugeleitet. Der Beklagte hatte darin unter anderem beanstandet, dass in dem Film ein Flücht­lingslager in der Westbank mit dem Warschauer Ghetto verglichen und ein jüdisches Museum beschuldigt werde, den Holocaust zu instru­men­ta­li­sieren, um Land zu rauben und Palästinenser zu unterdrücken. Dadurch fördere der Film den Antisemitismus in Deutschland und unterstütze die Neo-Nazi-Szene.

Filmproduzentin hält Meinung­s­äu­ße­rungen für diffamierend

Die Klägerin machte geltend, dass die über den Film gemachten Tatsa­chen­be­haup­tungen falsch und die vom Beklagten darauf gestützten Meinung­s­äu­ße­rungen diffamierend seien, weshalb der Beklagte diese Äußerungen zu unterlassen habe.

Äußerungen vom verfas­sungs­rechtlich gewährleisteten Schutz der Meinungs­freiheit gedeckt

Das Landgericht Nürnberg-Fürth entschied, dass die Äußerungen des Beklagten als Ganzes gesehen vom verfas­sungs­rechtlich gewährleisteten Schutz der Meinungs­freiheit gedeckt seien. Meinung­s­äu­ße­rungen stünden grundsätzlich ohne Rücksicht auf ihre Qualität, insbesondere ihre Richtigkeit, unter dem Schutz von Artikel 5 Abs. 1 des Grundgesetzes und dürften nur in engen Ausnahmefällen untersagt werden. Zwar fänden sich unter den beanstandeten Äußerungen auch Tatsa­chen­be­haup­tungen. Im Vordergrund stünden aber Werturteile. Dem Beklagten ginge es erkennbar darum, seine Bewertung des Films darzustellen und argumentativ zu untermauern.

Tatsa­chen­be­haup­tungen halten sich im Rahmen der zulässigen Inter­pre­ta­ti­o­ns­mög­lich­keiten

Diese Bewertung sei keine unzulässige Schmähkritik an dem Film oder seinen Produzenten, weil die inhaltliche Ausein­an­der­setzung in der Sache im Vordergrund stehe. Die Tatsa­chen­be­haup­tungen des Beklagten hielten sich im Rahmen der zulässigen Inter­pre­ta­ti­o­ns­mög­lich­keiten. Zudem stünden den Rechten der Klägerin berechtigte Interessen auf Seiten des Beklagten gegenüber. Ein Unter­las­sungs­an­spruch bestehe daher nicht.

Quelle: Landgericht Nürnberg-Fürth/ra-online

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