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Landgericht Münster Urteil23.04.2014
Schadenersatzklage nach Verkehrsunfall: Kein Schadenersatz für Unfallopfer bei Verschweigen von Vorschäden am UnfallfahrzeugUnabwendbarkeit eines Unfalls schließt Verdacht eines provozierten Unfalls aus
Macht ein Unfallopfer nach einem Verkehrsunfall Schadenersatz geltend und verschweigt dabei, dass am Unfallfahrzeug bereits durch frühere Unfälle Vorschäden bestehen oder behauptet wahrheitswidrig, dass die Schäden fachgerecht repariert wurden, so liegt eine unzulässige Rechtsausübung vor. In diesem Fall verliert das Unfallopfer seinen Schadenersatzanspruch. Ist ein Unfall darüber hinaus für das Unfallopfer unabwendbar gewesen, so schließt dies die Möglichkeit eines provozierten Unfalls aus. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Münster hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im August 2011 kam es zu einer Vorfahrtsmissachtung, was zu einer Kollision zweier Fahrzeuge führte. Das Unfallopfer klagte daraufhin gegen den Unfallverursacher auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe der zu erwartenden Reparaturkosten von ca. 7.250 Euro netto. Das Unfallopfer verschwieg aber, dass sein Fahrzeug bereits in den Jahren 2009 und 2010 in einen Verkehrsunfall verwickelt war und daher über Vorschäden verfügte. Nachdem ein Sachverständigengutachten die Vorschäden offenbarte, behauptete das Unfallopfer, dass die Vorschäden fachgerecht repartiert worden seien. Hinzu kam der Verdacht des Unfallverursachers, dass der Unfall provoziert worden sei.
Anspruch auf Schadenersatz bestand grundsätzlich
Das Landgericht Münster führte zu dem Fall aus, dass dem Unfallopfer grundsätzlich ein Anspruch auf Schadenersatz zugestanden habe.
Unabwendbarkeit des Unfalls spricht gegen provozierten Unfall
Zwar sei es richtig, so das Landgericht, dass im Falle eines provozierten Unfalls kein Schadensersatzanspruch besteht. Denn da es dem Geschädigten in solchen Fällen gerade auf die Beschädigung seines Eigentums ankommt, um später Schadenersatzansprüche gegen den vermeintlichen Unfallverursacher geltend zu machen, liege keine rechtswidrige Verletzung des Eigentums vor. Gegen das Vorliegen eines provozierten Unfalls habe jedoch gesprochen, dass der Unfall für das Unfallopfer unabwendbar war. Ein Unfall sei unabwendbar, wenn der Unfall auch für einen besonders sorgfältigen Kraftfahrer bei der gegebenen Sachlage nicht vermeidbar ist. Der Fahrer müsse sich also wie ein "Idealfahrer" verhalten haben (BGH, Urt. v. 17.03.1992 - VI ZR 63/91 -). Dies sei hier der Fall gewesen. Das Unfallopfer habe nach den Ausführungen eines Sachverständigen das andere Fahrzeug erst eine Sekunde vor der Kollision wahrnehmen können. In dieser kurzen Zeitspanne sei es nicht möglich, mit einer Bremsung oder einem Ausweichen zu reagieren.
Kein Schadenersatzanspruch aufgrund Verschweigens der Vorschäden
Dem Unfallopfer habe aber nach Ansicht des Landgerichts kein Anspruch auf Schadenersatz zugestanden, da es zunächst die Vorschäden am Unfallfahrzeug verschwiegen und nachfolgend eine fachgerechte Reparatur der Vorschäden wahrheitswidrig behauptet habe. Im Rahmen eines Schadenersatzprozesses nach einem Verkehrsunfall sei der Geschädigte dazu verpflichtet, darzulegen und zu beweisen, welche Vorschäden am Fahrzeug vorhanden waren und durch welche konkreten Reparaturmaßnahmen diese beseitigt wurden. Dieser Verpflichtung sei das Unfallopfer nicht nachgekommen. Es habe somit ein versuchter Prozessbetrug vorgelegen. Die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen stelle in solchen Fällen eine unzulässige Rechtsausübung dar. Der grobe Treueverstoß habe sich auch daraus ergeben, dass tatsächlich nur Schäden in Höhe von ca. 1.888 Euro netto entstanden sind.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 09.01.2015
Quelle: Landgericht Münster, ra-online (vt/rb)
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