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Landgericht Münster Urteil16.08.2012
Aufsichtspflicht der Eltern: Achtjähriges Kind darf unbeaufsichtigt Fahrrad fahrenSicherer und längerer Umgang mit Fahrrad sowie Kenntnis der Verkehrsregeln erforderlich
Wer sein Kind unbeaufsichtigt Fahrrad fahren lässt, haftet nicht zwangsläufig für ein vom Kind verursachten Unfall. Denn eine Aufsichtspflicht der Eltern besteht dann nicht, wenn ein achtjähriges Kind seit längerem sicher Fahrrad fahren kann und es über die Verkehrsregeln informiert wurde. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Münster hervor.
Im zugrunde liegenden Fall fuhr ein neunjähriges Kind öfters am Tag mit seinem Fahrrad aus dem Hof seiner Eltern heraus, um auf dem Bürgersteig zur anliegenden Wohnung seiner Großmutter zu fahren. Bei einen dieser Fahrten kollidierte das Kind auf dem Fahrradweg mit einer weiteren Radfahrerin. Diese zog sich aufgrund des Zusammenstoßes einige Verletzungen zu und klagte gegen die Eltern des Kindes auf Schadenersatz. Denn ihrer Meinung nach, haben diese ihre Aufsichtspflicht verletzt. Die Eltern wiederum meinten, ihnen sei ein solcher Verstoß nicht anzulasten, da ihr Kind seit etwa drei Jahren das Fahrrad besitzt und sicher fahren kann. Zudem haben sie ihr Kind ermahnt die Verkehrsregeln einzuhalten, insbesondere nicht auf dem Radweg und der Straße zu fahren.
Keine Verletzung der Aufsichtspflicht
Das Landgericht Münster gab den Eltern des Kindes recht. Denn seiner Ansicht nach, habe eine Verletzung der Aufsichtspflicht nicht vorgelegen. Das Landgericht führte dazu aus, dass das Maß der gebotenen Aufsicht über Minderjährige sich nach Alter, Eigenart und Charakter des Kindes bestimmt. Die Grenzen der erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen richte sich danach, was verständige Eltern nach vernünftigen Anforderungen in der konkreten Situation tun müssen, um Schädigungen Dritter durch ihr Kind zu verhindern.
Fahren ohne Aufsicht begründet allein kein Schuldvorwurf
Darüber hinaus sei jedoch anerkannt, so das Landgericht weiter, dass ein jedenfalls fast achtjähriges Kind, das ein Fahrrad ruhig und sicher fahren kann, über Verkehrsregeln eindringlich und genau unterrichtet worden ist und sich über eine gewisse Zeit im Verkehr bewährt hat, auch ohne Aufsicht der Eltern mit dem Fahrrad am Straßenverkehr teilnehmen darf. Daher könne ein Schuldvorwurf der Eltern nicht allein daraus gezogen werden, dass sie ihr sieben- oder achtjähriges Kind mit Fahrrad oder Roller ohne ständige Aufsicht auf die Straße lassen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.09.2013
Quelle: Landgericht Münster, ra-online (vt/rb)
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