21.11.2024
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Sie sehen einen Gerichtshammer, der auf verschiedenen Geldscheinen liegt.

Dokument-Nr. 10417

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Landgericht München I Urteil15.10.2010

Hypo Real Estate muss früheren Vorstands­mit­gliedern vorerst ausstehende Vergütung zahlenVergütung unter Vorbehalt im Urkundsprozess für Georg Funke und Klaus Fell

Die Hypo Real Estate Holding AG ist vom Landgericht München I verurteilt worden, zwei ihrer früheren Vorstands­mit­gliedern - dem Vorstands­vor­sit­zenden Georg Funke und dem Finanzvorstand Klaus Fell,- (einstweilen) die vertraglich vereinbarte Vorstands­ver­gütung für Januar bzw. Februar 2009 zu zahlen.

Den beiden war am 23. Dezember 2008 aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt worden. Dementsprechend war ihnen danach keine Vergütung mehr überwiesen worden. Dagegen hatten beide einen Urkundsprozess angestrengt.

So funktioniert ein Urkundsprozess

In einem ersten Schritt prüft das Gericht, ob der streitige Zahlungs­an­spruch mit Urkunden – etwa einem Arbeitsvertrag – belegt werden kann. Gleiches gilt für die Einwendungen des Gegners – etwa die Behauptung, der Arbeitsvertrag sei wirksam gekündigt worden; auch Einwendungen des Gegners können im Urkundsprozess nur mit Urkunden bewiesen werden. Kann der Kläger seinen Anspruch mit Urkunden beweisen, der Beklagte seine Einwendungen hingegen nicht, ergeht ein Vorbe­halts­urteil zugunsten des Klägers. Der Beklagte ist dann darauf verwiesen, seine Gegenrechte in einem sog. Nachverfahren geltend zu machen; im Nachverfahren sind alle Beweismittel (Zeugen, Sachverständige etc.) zugelassen.

Kläger legten einfach ihre Vorstands­dienst­verträge vor

Und genau so ist es im hiesigen Fall: Während die Kläger einfach ihre Vorstands­dienst­verträge vorlegen konnten, ließ sich die Behauptung der HRE, für die Kündigung habe ein wichtiger Grund bestanden, nicht durch Urkunden belegen.

Eigentliche Streitfrage wird erst im Nachverfahren entschieden

So wird die eigentliche Streitfrage, ob den beiden Vorständen zurecht gekündigt wurde, in diesem Rechtsstreit möglicherweise erst im Nachverfahren beantwortet werden können. Die HRE stützt die Kündigung auf

- die mangelhafte Vorbereitung des Erwerbs der DEPFA Bank plc.

- die unterbliebene Änderung der Refinan­zie­rungs­strategie

- deutliche Mängel bei Risiko­steu­erungs- und –control­ling­pro­zessen

- die Korrektur des Liqui­di­täts­bedarfs zwischen den Ende September und Anfang Oktober 2008 in Frankfurt am Main stattgefundenen Krisengipfeln

- Verstöße gegen das irische Aufsichtsrecht

Wichtiger Grund für Kündigung

Zu diesen umstrittenen Vorwürfen heißt es in der Urteils­be­gründung der 5. Handelskammer: „All diesen Vorwürfen ist gemeinsam, dass sie – sollten sie nachgewiesen werden können – entweder jeder für sich alleine oder doch in ihrer Gesamtheit einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB begründen können.“

Nachverfahren

Zum Beweis der Richtigkeit dieser Vorwürfe – und damit der Rechtmäßigkeit der Kündigung – bedarf es allerdings der Anhörung von Zeugen und vor allem von Sachver­ständigen. Dazu bietet das Nachverfahren die Möglichkeit. So kann etwa die Frage, ob die Refinan­zie­rungs­struktur der von der HRE erworbenen DEPFA-Gruppe unter den Bedingungen der Finanzkrise hätte geändert werden können und müssen, nur mithilfe eines Sachver­ständigen beantwortet werden. Hinsichtlich anderer Fragen, wie etwa die, ob bestehende Mängel bei der Risiko­über­wachung bzw. Verstöße gegen das irische Aufsichtsrecht (rechtzeitig) dem Aufsichtsrat gemeldet und vor allem auch beseitigt wurden, wird es möglicherweise der Einvernahme von Zeugen bedürfen.

Wie geht es jetzt weiter?

1. Alternative: Beide Seiten sind mit dem Vorbe­halts­urteil zufrieden; die Beklagte beantragt daher keinen Termin für das Nachverfahren und legt auch keine Berufung gegen das Vorbe­halts­urteil ein. Ergebnis: Die Kläger dürfen das Geld dann behalten. Prognose für diese Alternative: unwahr­scheinlich.

2. Alternative: Die Beklagte kann einerseits Berufung gegen das Vorbe­halts­urteil einlegen, wenn sie etwa meint, die Wirksamkeit der Kündigung doch mit Urkunden belegt zu haben; über die Berufung entscheidet dann das Oberlan­des­gericht München. Andererseits kann die Beklagte einen baldigen Termin für das Nachverfahren beantragen, damit Zeugen und Sachverständige zur Feststellung der Wirksamkeit der Kündigungen gehört werden können; das Nachverfahren findet wieder bei der 5. Handelskammer statt und endet mit einem Endurteil. Dieses Endurteil kann dann wieder mit der Berufung angegriffen werden.

Quelle: ra-online, Landgericht München I

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