18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 30968

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Landgericht München I Urteil21.10.2021

Causa Syntellix: Kein Schadenersatz wegen gefallener Aktien zugunsten einzelner AktionäreLG München I weißt Klage ab

Das Landgericht München hat eine Klage von Prof. Dr. Utz Claassen, Vorstands­vorsitzender einer Aktien­ge­sell­schaft, gegen Dr. h.c. Carsten Maschmeyer abgewiesen. Einzelne Aktionäre können wegen einer Wertminderung ihrer Aktien durch ein die Gesellschaft schädigendes Ereignis keinen Schadensersatz verlangen. Dies verstößt unter anderem gegen den Grundsatz der Gleich­be­handlung aller Aktionäre.

Mit seiner Klage wollte der Kläger die Feststellung erreichen, dass der Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger sämtliche Schäden zu ersetzen, die diesem aus vom Beklagten veranlassten Meldungen über den Inhalt eines Aktien­kauf­ver­trages trotz Vertrau­lichkeits- und Verschwie­gen­heits­ver­pflichtung sowie aus mehreren Äußerungen des Beklagten in Zeitschriften sowie in einer TV-Sendung entstanden seien. Diese, so argumentierte der Kläger, hätten den Wert der vom Kläger gehaltenen Aktien an der Aktien­ge­sell­schaft gemindert. Ferner begehrte der Kläger die Unterlassung vom Beklagten, gegenüber Organ­mit­gliedern der Aktien­ge­sell­schaft und gegenüber Dritten zu behaupten, der Kläger schulde ihm Geld und könne nicht zahlen.

Kein Recht auf Schadensersatz eines Aktionärs

Das LG hat beide Ansprüche des Klägers verneint. Nach Auffassung der Kammer können einzelne Aktionäre wegen einer Wertminderung ihrer Aktien durch ein die Gesellschaft schädigendes Ereignis nicht die Zahlung von Schadensersatz an sich selbst verlangen. Dies verstoße unter anderem gegen den Grundsatz der Gleich­be­handlung aller Aktionäre. Ein Ausgleich des mittelbaren Schadens könne nur dadurch erfolgen, dass der Aktionär die Leistung an die Gesellschaft verlange. Dem Aktionär selbst entstehe kein Schaden im Rechtssinne. Der Grundsatz der Kapita­l­e­r­haltung, die Zweckbindung des Gesell­schafts­ver­mögens sowie das Gebot der Gleich­be­handlung aller Aktionäre schließe einen Anspruch des Gesellschafters auf Leistung von Schadensersatz an sich persönlich in diesem Fall aus. Der vom Kläger geltend gemachte Schaden in Form der Wertminderung seiner Beteiligung an der Aktien­ge­sell­schaft stelle sich als ein sich typischerweise mittelbar beim Gesellschafter realisierender Reflexschaden dar. Dafür, dass allein die Aktien­ge­sell­schaft geschädigt sei, spreche ebenfalls die Wertung aus weiteren Vorschriften des Aktiengesetztes. Diese mache deutlich, dass dem Aktiengesetz die Anerkennung eines auf der Schädigung der Gesellschaft gründenden eigenen Anspruchs des einzelnen Mitgliedes fremd sei.

Kein Verstoß gegen vertraglich vereinbarte Verschwie­gen­heits­klausel

Das LG verneint auch einen Unter­las­sungs­an­spruch des Klägers. Ein vertraglicher Anspruch sei nicht gegeben. Auch könne der Kläger im Übrigen keine Unterlassung verlangen. In der Äußerung, der Kläger „schulde dem Beklagten Geld“, liege zum einen keine Verletzung einer Verschwiegenheitspflicht aus dem Kaufvertrag über Aktien, weil diese Äußerung der Aktien­ge­sell­schaft, eine vom Beklagten zu unterscheidende Person, als solche nicht abträglich und daher von der vertraglich vereinbarten Verschwie­gen­heits­pflicht nicht umfasst sei.

Angegriffene Äußerung durch Meinungs­freiheit geschützt

Auch sei die angegriffene Äußerung eine von Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Meinung­s­äu­ßerung. Diese habe hier Vorrang vor dem Allgemeinen Persön­lich­keitsrecht des Klägers. Dies gelte jedenfalls solange, wie ein weiterer, hier nicht zu entscheidender Rechtsstreit zwischen dem Beklagten und dem Kläger über Zahlungs­ansprüche des hiesigen Beklagten noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Zudem stellte das Gericht fest, dass die Äußerung, „der Kläger könne nicht zahlen“, weder in Interviews noch in einer TV-Sendung durch den Beklagten getätigt worden sei.

Äußerung im privaten Freundeskreis zulässig

Sollte diese Äußerung im privaten Freundeskreis gefallen sein, sei dies zulässig, selbst wenn eine solche Äußerung in der Öffentlichkeit unzulässig wäre. Dies gelte auch für eine entsprechende Bemerkung gegenüber einem Aufsichts­rats­mitglied der Aktien­ge­sell­schaft, weil dieses nach dem Aktienrecht zur Verschwie­genheit verpflichtet sei.

Quelle: Landgericht München I, ra-online (pm/aw)

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