Im zugrunde liegenden Fall beschäftigte der im Juni 1953 geborenen Oleg S. mit seiner in Magdeburg ansässigen Firma im Zeitraum August 2004 bis Januar 2006 Frauen aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjet-Union als Reinigungskräfte in westlichen Bundesländern für Toiletten und Waschräume an Autobahnraststätten, Autohöfen und einem Schnellrestaurant. Die Mitarbeiterinnen stellte der Angeklagte auf Minijobbasis ein. Sie mussten 14 Tage lang täglich 12 Stunden arbeiten und verdienten zwischen 60,- und 170,- € monatlich. Weiterhin erhielten sie freie Kost und Logis.
Durch einen Zweischicht-Betrieb war sichergestellt, dass der Angeklagte als Pächter der Toilettenanlagen seiner Verpflichtung gegenüber den Raststättenbetreibern nachkommen konnte, die Nassräume rund um die Uhr sauber zuhalten. Der Angeklagte erhielt für die Tätigkeit von den Raststätten rund 500,- € monatlich zzgl. des Trinkgeldes und der Entgelte, die für die Benutzung der Duschen anfielen. Das Trinkgeld floss damit nicht den Putzfrauen, sondern dem Angeklagten zu.
Das Landgericht Magdeburg ermittelte Stundenlöhne von maximal 1, 79 € und minimal unter 1,- €, die die Putzfrauen erhielten. Der allgemein verbindliche und damit gesetzliche Mindestlohn betrug im Tatzeitraum mindestens 7,68 €/Stunde.
Da der Angeklagte die Beiträge zur Sozialversicherung (Kranken-, Renten-, Arbeitslosenversicherung) nur aus dem geringeren tatsächlich gezahltem Lohn und nicht aus dem Mindestlohn bezahlte, geht das Gericht davon aus, dass der Tatbestand des § 266 a Strafgesetzbuch, StGB, (Vorenthalten und Veruntreuung von Arbeitsentgelt) erfüllt ist. Im konkreten Fall ist den Sozialkassen ein Schaden von insgesamt rund 69.000,- € entstanden.
Nach der Revisionsentscheidung des Oberlandesgerichts vom 8. Juli 2009 (Az. 2 SS 90/09) in diesem Verfahren muss bei der Festsetzung der an die Sozialkassen abzuführenden Beiträge nicht auf den tatsächlich gezahlten (geringeren) Lohn sondern auf den (höheren) Mindestlohn abgestellt werden, der den Arbeitnehmerinnen zustand.
Weiterhin hat das Gericht festgestellt, dass Stundenlöhne unter 1,- € ganz offensichtlich unangemessen und sittenwidrig sind. Das Gericht ist nicht der Ansicht der Verteidigung gefolgt, dass die Reinigungskräfte lediglich 2 bis 3 h täglich putzen mussten und die restliche Zeit der 12 Stundenschicht nur Bereitschaftszeit oder sogar Freizeit gewesen sei.
Das Gericht verurteilte den Angeklagten wegen Verstößen gegen § 266 a StGB in 18 Fällen zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 10,- €. Bei der Strafzumessung hat das Gericht im Wesentlichen berücksichtigt, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist und seine Firma sich mittlerweile in Insolvenz befindet. Auch die überlange Verfahrensdauer wirkte sich zugunsten des Angeklagten aus.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 02.07.2010
Quelle: ra-online, Landgericht Magdeburg