03.12.2024
03.12.2024  
Sie sehen einen Schreibtisch mit einem Tablet, einer Kaffeetasse und einem Urteil.

Dokument-Nr. 13760

Drucken
ergänzende Informationen

Landgericht Limburg an der Lahn Beschluss13.02.2012

Zwangs­voll­streckung mit Schuhen: Gerichts­voll­zieher muss in der Wohnung eines Schuldners nicht die Schuhe ausziehenAuch wenn immer öfter in Wohnungen die Schuhe ausgezogen werden, muss der Gerichts­voll­zieher auf diese Befind­lich­keiten von Schuldnern gleich welcher kultureller Herkunft nicht eingehen

Ein Gerichts­voll­zieher, der in der Wohnung eines Schuldners eine Zwangs­voll­streckung durchführen möchte, muss die Schuhe nicht ausziehen. Der Vollzie­hungs­beamte betritt die Wohnung nicht als Gast, sondern setzt einen staatlichen Auftrag durch. Er kann selbst entscheiden, ob er sich "von seinen Straßenschuhen entblößen" möchte oder nicht. Dies entschied das Landgericht Limburg.

Im zugrunde liegenden Fall betrieb ein Gerichtsvollzieher eine Zwangsvollstreckung wegen einer Steuerschuld aus Erbschafts- und Schen­kungs­steuer von 4.230,00 €. Er hatte einen Antrag auf Erlass eines Durch­su­chungs­be­schlusses gestellt. Die Schuldnerin meinte, sie könne das Betreten ihrer Wohnung durch den Vollzie­hungs­beamten davon abhängig machen, dass er zuvor seine Straßenschuhe ausziehe, wie es in ihrem türkisch­stämmigen Kulturkreis ganz überwiegend üblich und zum Schutz vor Schmutz und Bakterien geboten sei. Das Amtsgericht hatte den beantragten Durchsuchungsbeschluss erlassen und in den Gründen der Entscheidung ausgeführt, es bestehe kein Anlass entsprechend dem Begehren der Schuldnerin dem Vollstre­ckungs­beamten ein Betreten ihrer Wohnung in Straßenschuhen zu untersagen.

Schuldner legte gegen Durch­su­chungs­be­schluss sofortige Beschwerde ein

Gegen diese ihr am 24.01.2012 zugestellte Entscheidung wandte sich die Schuldnerin mit ihrer am 31.01.2012 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der sie rügte, die Entscheidung berücksichtige nicht die Besonderheiten ihrer Kultur. Das Amtsgericht hatte der Beschwerde unter Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung nicht abgeholfen.

Landgericht: Durchsuchung der Schuldner-Wohnung kann mit Straßenschuhen geschehen

Das Landgericht Limburg entschied, dass das Amtsgericht die angefochtene Entscheidung zu Recht erlassen hat. Gegen den Erlass des Durch­su­chungs­befehls als solchen bestünden keinerlei Bedenken. Das Amtsgericht habe darüber hinaus aber auch zu Recht angesprochen, dass gegen die Art und Weise der Zwangs­voll­streckung, nämlich die Durchsuchung der Wohnung mit Straßenschuhen, nichts einzuwenden sei. Zwar sei es auch nach der Erfahrung des erkennenden Gerichts so, dass nicht nur im türkischen Kulturkreis, sondern immer häufiger auch in deutschen Familien die Übung bestehe, dass Besucher vor Betreten der Wohnung die Straßenschuhe ausziehen.

Zehntausendfach in Straßenschuhen vollstreckt

Andererseits konnte bislang zehntausendfach in Straßenschuhen vollstreckt werden, ohne dass deswegen objektivierbare negative Folgen bekannt geworden wären. Ein Vollzie­hungs­beamter betrete die zu durchsuchende Wohnung nicht als eingeladener Gast bei Bekannten, sondern zur zwangsweisen Durchsetzung seines staatlichen Auftrags bei ihm fremden Personen. Wenn er sich in dieser Situation nicht von seinen Straßenschuhen entblößen will, verdient das ebenso Beachtung. Entge­gen­ste­henden bloßen Befind­lich­keiten von Schuldnern gleich welcher kultureller Herkunft muss er daher keine Rechnung tragen.

Quelle: ra-online, Landgericht Limburg (vt/st)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss13760

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI