18.10.2024
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Dokument-Nr. 13760

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Landgericht Limburg an der Lahn Beschluss13.02.2012

Zwangs­voll­streckung mit Schuhen: Gerichts­voll­zieher muss in der Wohnung eines Schuldners nicht die Schuhe ausziehenAuch wenn immer öfter in Wohnungen die Schuhe ausgezogen werden, muss der Gerichts­voll­zieher auf diese Befind­lich­keiten von Schuldnern gleich welcher kultureller Herkunft nicht eingehen

Ein Gerichts­voll­zieher, der in der Wohnung eines Schuldners eine Zwangs­voll­streckung durchführen möchte, muss die Schuhe nicht ausziehen. Der Vollzie­hungs­beamte betritt die Wohnung nicht als Gast, sondern setzt einen staatlichen Auftrag durch. Er kann selbst entscheiden, ob er sich "von seinen Straßenschuhen entblößen" möchte oder nicht. Dies entschied das Landgericht Limburg.

Im zugrunde liegenden Fall betrieb ein Gerichtsvollzieher eine Zwangsvollstreckung wegen einer Steuerschuld aus Erbschafts- und Schen­kungs­steuer von 4.230,00 €. Er hatte einen Antrag auf Erlass eines Durch­su­chungs­be­schlusses gestellt. Die Schuldnerin meinte, sie könne das Betreten ihrer Wohnung durch den Vollzie­hungs­beamten davon abhängig machen, dass er zuvor seine Straßenschuhe ausziehe, wie es in ihrem türkisch­stämmigen Kulturkreis ganz überwiegend üblich und zum Schutz vor Schmutz und Bakterien geboten sei. Das Amtsgericht hatte den beantragten Durchsuchungsbeschluss erlassen und in den Gründen der Entscheidung ausgeführt, es bestehe kein Anlass entsprechend dem Begehren der Schuldnerin dem Vollstre­ckungs­beamten ein Betreten ihrer Wohnung in Straßenschuhen zu untersagen.

Schuldner legte gegen Durch­su­chungs­be­schluss sofortige Beschwerde ein

Gegen diese ihr am 24.01.2012 zugestellte Entscheidung wandte sich die Schuldnerin mit ihrer am 31.01.2012 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der sie rügte, die Entscheidung berücksichtige nicht die Besonderheiten ihrer Kultur. Das Amtsgericht hatte der Beschwerde unter Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung nicht abgeholfen.

Landgericht: Durchsuchung der Schuldner-Wohnung kann mit Straßenschuhen geschehen

Das Landgericht Limburg entschied, dass das Amtsgericht die angefochtene Entscheidung zu Recht erlassen hat. Gegen den Erlass des Durch­su­chungs­befehls als solchen bestünden keinerlei Bedenken. Das Amtsgericht habe darüber hinaus aber auch zu Recht angesprochen, dass gegen die Art und Weise der Zwangs­voll­streckung, nämlich die Durchsuchung der Wohnung mit Straßenschuhen, nichts einzuwenden sei. Zwar sei es auch nach der Erfahrung des erkennenden Gerichts so, dass nicht nur im türkischen Kulturkreis, sondern immer häufiger auch in deutschen Familien die Übung bestehe, dass Besucher vor Betreten der Wohnung die Straßenschuhe ausziehen.

Zehntausendfach in Straßenschuhen vollstreckt

Andererseits konnte bislang zehntausendfach in Straßenschuhen vollstreckt werden, ohne dass deswegen objektivierbare negative Folgen bekannt geworden wären. Ein Vollzie­hungs­beamter betrete die zu durchsuchende Wohnung nicht als eingeladener Gast bei Bekannten, sondern zur zwangsweisen Durchsetzung seines staatlichen Auftrags bei ihm fremden Personen. Wenn er sich in dieser Situation nicht von seinen Straßenschuhen entblößen will, verdient das ebenso Beachtung. Entge­gen­ste­henden bloßen Befind­lich­keiten von Schuldnern gleich welcher kultureller Herkunft muss er daher keine Rechnung tragen.

Quelle: ra-online, Landgericht Limburg (vt/st)

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