21.11.2024
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Landgericht Leipzig Urteil04.08.2006

Fernseh­pro­gramme über virtuellen Videorekorder im Internet verletzen Urheberrecht und Jugend­me­di­en­staats­vertragProSiebenSat.1 erwirkt Urteil gegen onlinet­vre­corder

Die ProSiebenSat.1-Gruppe hat beim Landgericht Leipzig ein Urteil gegen den Internetdienst „onlinet­vre­corder.com“ erwirkt. Der Internetdienst fungiert als virtueller Videorecorder, der Nutzern eine Auswahl von Fernseh­pro­grammen über einen eigenen elektronischen Programmführer (EPG) unentgeltlich anbietet. Nach dem Urteil des Leipziger Gerichts ist es onlinet­vre­corder künftig untersagt, Programme zu speichern, zu vervielfältigen, öffentlich zugänglich zu machen oder Dritten zu übermitteln. Das Landgericht Leipzig sieht darin eine Verletzung des Urheberrechts des Sende­un­ter­nehmens

Es handelt sich um ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Antragsteller ist die Sat.1 Satel­li­ten­fernsehen GmbH, Antragsgegner der (frühere) Betreiber der domain „www.onlinet­vre­corder.com“. Die für Urheber­rechts­sachen zuständige 5. Zivilkammer des Landgerichts hatte bereits am 27.03.2006 folgende einstweilige Verfügung erlassen:

„Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (insgesamt bis zu 2 Jahre) untersagt,

a) das von der Antragstellerin ausgestrahlte Fernsehprogramm Sat.1 bzw. Teile davon zu speichern und/oder Dritten öffentlich zugänglich zu machen und/oder im Wege des so genannten online-streamings oder des uploads (d.h. über das Internet) zu übermitteln und/oder für Dritte zu vervielfältigen, insbesondere wenn dies wie unter „www.onlinet­vre­corder.com“ (Stand 26. Februar 2006) angeboten geschieht,

b) das von der Antragstellerin ausgestrahlte Fernsehprogramm Sat.1 der Antragstellerin oder Teile davon zum Vervielfältigen und/oder Speichern und/oder zur Zugäng­lich­machung bereitzustellen und/oder

c) Kindern und/oder Jugendlichen Ferne­seh­sen­dungen, die zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr gesendet werden und geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigen­ver­ant­wort­lichen und gemein­schafts­fähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, zum Abruf zur Verfügung zu stellen.“

Gegen diesen Beschluss hatte der Antragsgegner den zulässigen Widerspruch eingelegt mit der Folge, dass die Kammer die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu überprüfen hatte. Mit dem am 04.08.2006 verkündeten Urteil bestätigt sie das Verbot.

Das Gericht führt aus, dass die Aufzeichnung von Fernseh­pro­grammen das Recht der produzierenden und sendenden Anstalt verletzt, über die Verviel­fäl­tigung und die öffentliche Zugäng­lich­machung ihrer Programme zu bestimmen. Es handele sich nicht um die nach dem UrhG (§ 53) zulässige Herstellung einer Kopie für den privaten Gebrauch, weil nicht der jeweilige Zuschauer, sondern der Betreiber des Dienstes das Programm auf seinen Servern abspeichert, es von dort aus anbietet und sich mit Werbung finanziert.

Den Einwänden des Beklagten, das deutsche Urheberrecht sei überhaupt nicht anwendbar, weil die Server in den Niederlanden stünden, folgt die Kammer nicht. Maßgebend sei, dass der Dienst für deutsche Internetnutzer bestimmt sei.

Das Gericht sieht auch einen Verstoß gegen den Jugend­me­di­en­staats­vertrag, weil der virtuelle Rekorder nicht über ein Alters­ve­ri­fi­ka­ti­o­ns­system verfügt.

Der Beklagte hat sich im Prozess weiter darauf berufen, er habe die domain an ein ausländisches Unternehmen übertragen. Dies ist nach Ansicht der Kammer ohne Bedeutung, weil er jedenfalls früher Inhaber der Domain war und den Dienst jederzeit wieder anbieten könnte. Der Beklagte hält sein Vorgehen für rechtmäßig und weigert sich, eine verbindliche Unter­las­sungs­ver­pflichtung einzugehen. Daraus ergibt sich für die Kammer die Wieder­ho­lun­ge­gefahr.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, der Beklagte kann Berufung zum Oberlan­des­gericht Dresden einlegen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des LG Leipzig und der ProSiebenSat1-Gruppe

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