Im zugrunde liegenden Fall besuchte die spätere Klägerin mit zwei Bekannten im Februar 1996 den alljährlich in einer Turnhalle der Stadt stattfindenden "Sockenball". Ihr Auto, einen Mercedes 250 D, stellte die Frau in der Nähe der Turnhalle ab und steckt die mit einem auffälligen Mercedes-Anhänger versehenen Autoschlüssel in die Innentasche ihrer Jacke. Da es in der Turnhalle keine Garderobe gab, legte die Frau die Jacke samt der darin befindlichen Schlüssel in eine Nische am Hallenende.
Als die Frau die Halle gegen 5 Uhr morgens verließ, war die Jacke samt Schlüsseln verschwunden. Die Frau ging davon aus, dass jemand die Garderobe versehendlich an sich genommen hatte und achtete auch vor der Halle nicht auf ihr Auto, sondern ließ sich von ihren Begleitern nach Hause bringen.
Kurze Zeit später teilte die Polizei der Frau mit, dass der Mercedes offensichtlich mittels der Schlüssel aus der Jacke gestohlen und in einen Unfall verwickelt worden sei. Es entstand dabei ein Schaden von 25.900 DM an dem Wagen.
Die Versicherung lehnte die Regulierung des Schadens ab, da sie der Auffassung war, dass die Klägerin den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt habe. Die Klägerin war dieser Ansicht ganz und gar nicht. Da sie an dem Abend einen Rock ohne Taschen getragen habe, sei ihr das Aufbewahren der Schlüssel am Körper unmöglich gewesen.
Das Landgericht Köln erklärte die Klage für unbegründet. Die Klägerin habe den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt, da sie die Schlüssel des Fahrzeugs unbeaufsichtigt in der Tasche ihrer Jacke zurück gelassen habe. Wegen dieser groben Fahrlässigkeit sei die Beklagte gemäß § 61 VVG von ihrer Leistungspflicht frei geworden.
Durch das Verhalten sei nicht nur das Entwenden des Fahrzeuges möglich gewesen, sondern letztlich auch die Unfallbeschädigung des Wagens zustande gekommen. Werde die verkehrserforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen, sei davon auszugehen, dass der Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt worden sei, so das Gericht. Diese mangelnde Sorgfalt sei hier gegeben. Denn man könne von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer erwarten, entsprechende Sicherungsvorkehrungen vorzunehmen und einen Autoschlüssel so aufzubewahren, dass er vor dem Zugriff durch beliebige Dritte geschützt sei.
Die Klägerin habe aber vielmehr - nachdem sie die Jacke in einer Nische der Turnhalle abgelegt hatte - die Kontrolle über das Kleidungsstück und die darin befindlichen Schlüssel vollständig aufgegeben. Einem Dieb sei es daher sehr leicht möglich gewesen, die Jacke zu entwenden. Zumal er sich, sofern er dabei ertappt worden wäre, problemlos darauf hätte berufen können, dass es sich bei der Mitnahme der Jacke um eine Verwechslung gehandelt habe. Auch die Zuordnung des Schlüssels zu einem passenden Auto sei Dank des auffälligen Mercedes-Schlüsselanhängers ohne weiteres möglich gewesen.
Auch das Argument, dass die Klägerin während des Festes aufgrund ihrer Kleidung keine andere Aufbewahrungsmöglichkeit für den Schlüssel gehabt habe, ließ das Gericht nicht gelten. Die Frau hätte vielmehr bereits bei der Planung ihres Besuchs dieser Feierlichkeit für eine entsprechende Möglichkeit zur Aufbewahrung der Schlüssel sorgen müssen.
Nach Betrachtung aller Umstände sei die Versicherung nach Auffassung des Gerichts in diesem Fall von ihrer Leistungspflicht befreit.
Erläuterungen
Die Entscheidung erscheint im Rahmen der Reihe "Urteile zum Fasching". Die Entscheidung ist aus dem Jahr 1997 und erfolgte aufgrund des alten Versicherungsvertragsgesetzes VVG. Bitte beachten Sie, dass § 61 VVG heute nicht mehr gültig ist. Bei grob fahrlässiger Herbeiführung eines Versicherungsfalls wird die Versicherung nicht mehr komplett leistungsfrei, sondern kann ihre Leistung nach der Schwere des Verschuldens kürzen (vgl. § 81 VVG).
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 27.01.2011
Quelle: ra-online, Landgericht Köln (vt/ac)