Im zugrunde liegenden Fall war ein Mieter am 05.01.1993 abends gegen 22.25 Uhr infolge von Schnee- und Eisglätte in der Garagenzufahrt gestürzt. Er verklagte den Vermieter auf Schadensersatz mit der Begründung dieser habe die Streupflicht verletzt.
Das Landgericht Köln wies die Klage ab. Der Mieter habe keine Schadensersatzansprüche gegen den Vermieter. Zu dem Zeitpunkt des Unfalls habe der Vermieter keine Streupflicht mehr gehabt, urteilte das Gericht.
Grundsätzlich sei ein Vermieter gemäß § 536 BGB verpflichtet, alle Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um dem Mieter während der gesamten Mietzeit den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache zu ermöglichen. Hierzu gehöre auch das Reinigen der Strasse bzw. der Garagenzufahrt, und zwar auch von Schnee und Eis.
Allerdings bestehe diese Räum- bzw. Streupflicht nicht "rund um die Uhr", vielmehr bestimme sie sich danach, was diesbezüglich vertraglich vereinbart sei bzw. in Ermangelung einer solchen Abrede danach, was allgemein üblich sei, führte das Gericht aus.
Vorliegend enthalte der zwischen den Parteien abgeschlossene Mietvertrag keinen Hinweis auf eventuell zwischen den Parteien getroffene Vereinbarungen hinsichtlich des Winterstreudienstes. Auch aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass sich hinsichtlich des von ihm bewohnten Wohnkomplexes bestimmte Gewohnheiten bezüglich des Streudienstes, insbesondere in den Abendstunden, herausgebildet hätten. Mangels einer individuell getroffenen Absprache kann deshalb nur darauf zurückgegriffen werden, was allgemein üblich ist.
Das Gericht machte deutlich, dass es sich einer in der Literatur vertretenen Ansicht, die Streupflicht bestehe mit dem Einsetzen des Tagesverkehrs bis zum Ende der allgemeinen Verkehrszeit einschließlich der Rückkehr von üblichen kulturellen Veranstaltungen, nicht anschließen könne. Die "Rückkehr von kulturellen Veranstaltungen" sei als Maßstab für das Ende der Streupflicht kein geeignetes und brauchbares Kriterium, führte das Landgericht aus. Dies ergebe sich daraus, dass kein bestimmter Zeitpunkt festgelegt werde und beim Vermieter weiterhin völlige Unklarheit über die Grenzen seiner Streupflicht bestehen würde
Zum Beispiel befasse sich das Urteil des BGH (,Urteil v. 02.10.1984 - VI ZR 125/83 -) mit der zeitlichen Abgrenzung der Streupflicht in den Abendstunden für die Zugänge zu einem Gebäude, zu dem der Betreiber eines Schwimmbades und der Pächter eines Restaurants einen Publikumsverkehr eröffnet haben, und damit mit der Verkehrssicherungspflicht und ihrem Umfang.
Mangels anderer geeigneter Anhaltspunkte im Fall ging das Gericht hier vielmehr davon aus, dass die zeitlichen Begrenzungen der öffentlich-rechtlichen Wegereinigungspflichten geeignet seien, als Maßstab dafür herangezogen zu werden, was allgemein üblich ist, und was damit auch für die Parteien eines Mietvertrages Geltung hat. Vorliegend sehe die Straßenreinigungssatzung der Stadt Köln unter § 5 Abs. 1 Ziff. 6 folgendes vor:
"Fällt Schnee nach 20.00 Uhr oder tritt nach dieser Zeit Schnee- und Eisglätte ein, so müssen die Schneebeseitigung und die Maßnahmen gegen die Schnee- und Eisglätte bis spätestens 7.00 Uhr des nächsten Tages beendet sein."
Daraus sei zu entnehmen, dass in der Zeit zwischen 20.00 Uhr und 7.00 Uhr keine öffentlich-rechtliche Streupflicht bestehe, führte das Landgericht aus. Damit sei aber vorliegend auch die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, die Garagenzufahrt am 05.01.1993 gegen 22.25 Uhr eisfrei zu halten, weil keine Anhaltspunkte gegeben seien, aus denen eine weitergehende mietrechtliche Verkehrssicherungspflicht hergeleitet werden könnte. Schadensersatzansprüche des Klägers bestünden daher schon aus diesem Grunde nicht.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.12.2010
Quelle: ra-online, Landgericht Köln