18.10.2024
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Landgericht Koblenz Urteil26.06.2007

Teilnehmer am Online-Roulettespiel muss verlorene Spieleinsätze bezahlen

Das Landgericht Koblenz hat in einem Grundsatzurteil entschieden, dass dem Betreiber einer Internet-Spielbank ein Anspruch gegen den Spieler auf Zahlung der beim Online-Spiel verlorenen Einsätze zusteht.

Die Klägerin, ein Unternehmen mit Sitz in Wiesbaden, betreibt aufgrund einer behördlichen Erlaubnis des Landes Hessen eine sogenannte online-Spielbank. Die Spiel­ban­k­er­laubnis beschränkt die Teilnah­me­be­rech­tigung neben anderen Voraussetzungen auf Spieler, die ihren Hauptwohnsitz in Hessen haben oder sich zum Zeitpunkt der Spielteilnahme dort aufhalten. Des Weiteren hat jeder Spieler nach der Spiel­ban­k­er­laubnis und nach den Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen der Klägerin bei seiner Registrierung zur Verlust­be­grenzung ein für ihn geltendes Limit zu bestimmen. Nachträgliche Erhöhungen dieses Limits sind erst nach einem Ablauf von 24 Stunden, Verminderungen dagegen sofort zulässig.

Der Beklagte meldete sich am 04.09.2005 von seinem Wohnsitz in Koblenz (Rheinland-Pfalz) aus zum Online-Spiel bei der Klägerin an, wobei er sich den Zugang zum Spiel durch die unzutreffende Angabe eines Aufent­haltsortes und der Telefonnummer eines Bekannten in Hessen verschaffte. Das Regis­trie­rungs­programm der Klägerin war im Zeitpunkt der Anmeldung des Beklagten so ausgestaltet, dass ein Zugang zum online-Spiel auch ohne wirksames Setzen eines Limits möglich war. Der Beklagte setzte bei seiner Anmeldung kein wirksames Limit für Spieleinsätze. Am gleichen Tag überwies er an die Klägerin mittels Kreditkarte binnen sechs Stunden wiederholt Geldbeträge zwischen 250 € und 1.000 €, insgesamt 4.000 €. Diesen Betrag verspielte der Beklagte einschließlich zwischen­zeit­licher Gewinne während 186 Einsätzen beim online-Roulettespiel. Am 21.09.2005 ließ der Beklagte seine Überweisungen an die Klägerin durch sein Kredit­kar­ten­un­ter­nehmen rückgängig machen.

Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung der zunächst an sie überwiesenen und beim Online-Roulettespiel verlorenen Einsätze von 4.000 € nebst Zinsen sowie Bank- und Anwaltskosten in Anspruch genommen. Der Beklagte hat geltend gemacht, der mit der Klägerin geschlossene Vertrag über das online-Spiel sei unwirksam. Weiter hat er vorgetragen, er habe bei der Anmeldung ein Limit von 100 € eingegeben, das vom Compu­ter­programm der Klägerin nicht angenommen worden sei; dies habe er nicht bemerkt. Das Amtsgericht Koblenz hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz das erstin­sta­nzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben.

Wie die Berufungskammer ausgeführt hat, sind der bei der Anmeldung geschlossene Rahmenvertrag und die einzelnen Spielverträge nicht wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot unwirksam. Insbesondere liege kein verbotenes Glücksspiel vor, weil die Klägerin das online-Spiel aufgrund einer staatlichen Erlaubnis veranstaltet habe; dass der nicht in Hessen wohnhafte Beklagte sich entgegen den Teilnah­me­be­din­gungen durch falsche Angaben den Zugang zum Spiel erschlichen habe, ändere hieran nichts. Des Weiteren habe die Klägerin zwar gegen die ihr in der Spiel­ban­k­er­laubnis erteilte Auflage verstoßen, indem sie durch ihr Regis­trie­rungs­programm eine Teilnahme am Glücksspiel ohne wirksames Setzen eines Limits ermöglicht habe. Dies könne zwar gegebenenfalls Maßnahmen der staatlichen Aufsichts­behörde nach sich ziehen, habe jedoch nicht die Unwirksamkeit der mit den Spielern geschlossenen Verträge zur Folge. Nach Auffassung der Berufungskammer sind die Verträge auch nicht sittenwidrig. Zwar sei der nach der Spiel­ban­k­er­laubnis sicher­zu­stellende Nutzerschutz bei der Anmeldung nicht gewährleistet gewesen, weil eine Teilnahme am Spiel auch ohne Setzen eines Limits möglich gewesen sei. Jedoch sei der Schuldner grundsätzlich selbst dafür verantwortlich, zu entscheiden, wo die Grenzen seiner Leistungs­fä­higkeit liegen. Anders sei dies zwar, wenn der Veranstalter eine mögliche Spielsucht der Teilnehmer am Glücksspiel ausnutze. Zum Schutz von Spielsüchtigen sei jedoch das in der Spiel­ban­k­er­laubnis angeordnete Setzen eines „Limits” bereits deshalb kein geeignetes Mittel, weil eine Höhenbegrenzung nicht vorgeschrieben sei und das Limit auch nachträglich nach Ablauf einer Schutzfrist von 24 Stunden beliebig erhöht werden könne.

Dem Beklagten stehe auch weder ein Schaden­s­er­satz­an­spruch auf Freistellung von seinen Zahlungs­ver­pflich­tungen zu, noch könne er sich auf die verbrau­cher­schützende Vorschrift des § 312 e BGB über Pflichten im elektronischen Geschäfts­verkehr berufen. Im vorliegenden Fall stehe fest, dass dem Beklagten entgegen seiner Behauptung bewusst gewesen sei, dass er vor dem Spiel kein wirksames Limit von 100 € gesetzt habe. Dies ergebe sich bereits aus der Höhe des von ihm überwiesenen Ersteinsatzes von 1.000 €.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des LG Koblenz vom 02.07.2007

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